Bezirk St. Pölten: Bedingte Haftstrafen für Tierquäler
Wegen Tierquälerei sind drei Angeklagte am Montag in St. Pölten nicht rechtskräftig zu drei Monaten bedingt verurteilt worden. Die 62-jährige Mutter des Inhabers eines Schweinehaltungsbetriebes und ein Arbeiter wurden schuldig gesprochen, Ferkel durch unerlaubtes Herausreißen des Samenstrangs kastriert zu haben. Für den 37-jährigen Betriebsführer gab es einen Schuldspruch als Beteiligter.
Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) hatte - auch mittels Videos und Fotos - auf angebliche Missstände in dem Betrieb aufmerksam gemacht und Anzeige erstattet. Die Ermittlungen zu weiteren Vorwürfen seien eingestellt worden, übrig geblieben sei der prozessgegenständliche Anklagepunkt, hielt der Einzelrichter fest.
Die Staatsanwaltschaft legte der 62-Jährigen und dem 47-jährigen Arbeiter zur Last, Ferkel "roh misshandelt" und ihnen "unnötig Qualen zugefügt" zu haben. Der 37-Jährige musste sich wegen Tierquälerei als Beteiligter verantworten.
Das Trio bekannte sich nicht schuldig. Gewebe sei "in keinem Fall herausgerissen" worden, meinte der Verteidiger. Der Betriebsführer erläuterte zur praktizierten Vorgangsweise, dass nach Gabe eines Schmerzmittels ein Querschnitt gemacht und die Hoden freilegt worden seien. Daraufhin sei angezogen und der Samenstrang abgerissen worden.
Der Sohn hatte den Angaben zufolge seiner Mutter die Methode gezeigt. Der seit rund drei Jahren im Betrieb beschäftigte Arbeiter aus Ungarn gab laut Übersetzung der Dolmetscherin an, den Samenstrang mit dem Fingernagel abgezwickt und nicht herausgerissen zu haben. Auch nach Vorhalt des Richters, dass auf einem Video eine Abreißbewegung des 47-Jährigen zu sehen sei, blieb der Arbeiter bei seiner Aussage.
Ein Sachverständiger sagte, die Methode mittels Herausreißen sei "eine rohe Misshandlung, weil alternative Methoden zur Verfügung stehen". Es sei ein "nicht notwendiger, sehr starker Schmerz, der auch länger anhält". Bei einem Samenstrang handle es sich "selbstverständlich" um Gewebe, hielt der Gutachter fest.
Kastration durch Herausreißen des Samenstrangs sei nicht erlaubt, sagte der Einzelrichter. "Es handelt sich um einen Fehler in der Massentierhaltung", führte er in der Urteilsbegründung aus.
Die Schuldsprüche für den Betriebsinhaber und seine Mutter bezogen sich auf den Zeitraum von Mitte 2007 bis Ende November 2017, der Arbeiter wurde wegen Kastrationen seit März 2016 verurteilt. Mildernd wirkten sich unter anderem die Unbescholtenheit der Angeklagten aus, erschwerend die Vielzahl an Vergehen. In dem Schweinehaltungsbetrieb wurden laut dem Inhaber im vergangenen Jahrzehnt pro Monat 250 bis 300 Ferkel kastriert. Nach Hinweis eines Tierarztes habe man die Methode geändert.
Die Angeklagten erbaten Bedenkzeit, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Damit sind die Urteile nicht rechtskräftig.