Ausnahme-Beruf: Försterin aus Leidenschaft
Von Lisa Rieger
Sie manövriert den Pick-up in moderatem Tempo durch die engen Wege des Waldes in Thernberg (Bezirk Neunkirchen), der Jagdpudel Uschi sitzt auf der Rückbank und döst immer wieder ein. Sandra Tuider hält an und steigt aus, Uschi ist ihr auf den Fersen. Tuider nimmt einen Feldstecher zur Hand und beobachtet den gegenüberliegenden dicht bewaldeten Hang. „Es ist im Sommer eine wichtige Aufgabe zu kontrollieren, ob Fichten vom Borkenkäfer befallen sind. Das erkennt man an der rötlich verfärbten Krone“, erklärt sie. Sollte dies der Fall sein, müsste der Baum sofort gefällt werden, da sich der Borkenkäfer innerhalb kürzester Zeit rasant ausbreitet.
Tuider ist Försterin. Das ist selten in Österreich. Der weibliche Anteil in der Branche beträgt lediglich 2,5 Prozent – oder in absoluten Zahlen: von 1223 Förstern sind knapp 30 Frauen.
Tuider hat einen ungewöhnlichen Lebenslauf. Sie ist in Wien aufgewachsen, hat Kunstgeschichte an der Universität studiert und neun Jahre lang in einer Galerie gearbeitet. „Dann ist mein Vater in Pension gegangen und hat mich gefragt, ob ich den Wald übernehmen möchte. Da hab ich mir gesagt, ich probiere es“, erzählt sie. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie keine Ahnung, worauf sie sich einlässt. Für ihre Freunde war ihre Entscheidung völlig unverständlich. 18 Jahre später haben sie sich daran gewöhnt.
Vom Mond kommen
Für 400 Hektar ist Tuider verantwortlich. Und damit für die Entscheidung, welche Bäume gefällt werden müssen, welche Bäume wo neu gepflanzt werden, wie sie gewinnbringend verkauft werden etc. „Für mich ist es der beste Job auf der Welt – mit der Natur in der Natur selbstbestimmt zu arbeiten“, sagt Tuider strahlend.
Es war und ist aber nicht immer so leicht. „Vor allem am Anfang war es schwierig als Frau. Ich wurde angesehen, als würde ich vom Mond kommen. Je mehr Wissen ich dann hatte, desto besser wurde es. Ich musste mir den Respekt verdienen“, erinnert sich Tuider. „Ich habe auch meine Sprache angepasst. Männer reden viel grober untereinander. Daran musste ich mich zuerst einmal gewöhnen.“
Forstfrauen
„Es gibt schon die Tendenz, dass es mehr Försterinnen gibt. Ich glaube zumindest, dass es sich immer mehr Frauen zutrauen. Es ist auch nicht mehr so, dass der erstgeborene Sohn fix die Landwirtschaft übernimmt, sondern dass auch die Töchter dafür infrage kommen“, sagt Dagmar Karisch-Gierer, Gründerin der Vernetzungsplattform Forstfrauen.
Bei den Bundesforsten zum Beispiel ist die Frauenquote bei den Förstern doppelt so hoch und liegt bei fünf Prozent. Diese bewirtschaften aber auch nur einen geringen Teil des Waldes. Der Großteil ist in privater Hand. „Und da gibt es immer noch Vorbehalte. Man will einen Mann, der rund um die Uhr zur Verfügung steht. Schwangerschaft und Teilzeit sind hier ein Schreckgespenst. Es ist in dem Bereich auch noch konservativer, dass man sich nicht von einer Frau etwas anschaffen lassen will“, sagt Karisch-Gierer. Das sieht auch Karl Stampfer, Leiter des Instituts Forsttechnik an der Uni für Bodenkultur (BOKU), so.
Technikaffinität
An der BOKU sind die Zahlen der weiblichen Studierenden in den letzten Jahren etwas gestiegen. Waren es 1985 nur drei Studentinnen, sind es heute rund 30 Prozent. „Wenn wir es aber mit anderen Fächern an der BOKU vergleichen, liegen wir weit zurück“, sagt Stampfer. „Ich schätze, es hängt auch damit zusammen, dass Frauen nicht so technik-affin sind. Obwohl sich auch das geändert hat.“