Chronik

Jungtiere dürfen nicht gestreichelt werden

Die Sonne scheint durch die kahlen Baumkronen, zaghaft zeigen sich die ersten Knospen. Am Wegesrand blühen Leberblümchen und Schneeglöckchen. Es wird Frühling, bald schon streifen Frischlinge, Rehkitze und Junghasen durch Österreichs Wiesen und Wälder. So herzig die Tiere sind, für Spaziergänger heißt es Vorsicht – und keinesfalls streicheln.

"Wenn man jetzt mit seinem Hund im Wald unterwegs ist, gehört der unbedingt an die Leine", erklärt Harald Brenner vom Biosphärenpark Wienerwald, während er mit Hündin Ida durch den Wald spaziert. "Das gilt auch als Schutz für den Hund." Während auf der einen Seite vor allem junge Feldhasen Opfer des hündischen Jagdinstinkts werden, könnte der Hund andererseits selbst von Wildtieren attackiert werden.

Schließlich ist die Bache, also das weibliche Wildschwein, bereits mit ihren Frischlingen unterwegs. "Die Tiere sind sehr wehrhaft", sagt Brenner. Stöbere ein Hund die Frischlinge auf, werde er attackiert. "Wenn man selbst einer Bache begegnet und sie in Angriffshaltung geht, dann sollte man sich möglichst groß machen und laut schreien", erklärt der Forstwissenschaftler. Das sei aber ohnehin sehr unwahrscheinlich.

Brenner weiß, wovon er spricht. Im Biosphärenpark ist er für das Wildtier-Management zuständig. Alle zwei Wochen sieht er im Wald nach dem Rechten. Häufig passiere es, dass Spaziergänger kleine Uhus oder Käuzchen vom Wegesrand aufsammeln, erzählt der Experte. Ein Fehler. Die Tiere marschieren im "Ästlingsstadium" auf den Bäumen herum, manche stürzen dabei ab.

"Keinesfalls soll man sie angreifen und schauen, ob sie so flauschig sind, wie sie ausschauen", warnt Brenner. Damit übertrage man die eigene Witterung und sie werden leichter gefressen. Lediglich offensichtlich verletzte Tiere sollten ins Institut für Wildtierkunde nach Wien gebracht werden.

Rehkitz in Gefahr

Apropos Witterung. In wenigen Wochen kommen auch die ersten Rehkitze zur Welt. Die Jungtiere bleiben alleine in der Deckung, die Mutter hält sich in der Nähe auf und kommt nur zum Säugen vorbei. Das Kitz hat nämlich zum Schutz gegen Fressfeinde keinen Eigengeruch, wie Brenners Kollege Nikolaus Eisank vom Nationalpark Hohe Tauern bestätigt. Wer also ein vermeintlich verwaistes Rehkitz findet, darf es keinesfalls anfassen, sonst nehme es eine Witterung an und sei den Feinden ausgeliefert, sind sich die Experten einig.

Generell ist dieser Tage auch für Autofahrer Vorsicht geboten. Feldhasen und Rehböcke stecken gerade ihr Revier ab, es kommt zu Kämpfen. Auf der Flucht vor Rivalen stürmen die Tiere derzeit oft kopflos über die Straßen. Zudem finden ab Beginn der Dämmerung Amphibienwanderungen statt.

70 Prozent der Österreicher verbringen ihre Freizeit am liebsten im Wald – zumindest zeitweise. Kein Wunder, nimmt dieser doch 48 Prozent der Staatsfläche ein.

Unsere Wälder dürfen generell von Jedermann betreten werden. Allerdings gibt es Regeln, an die sich Spaziergänger und Wanderer halten sollten. So soll man sich ruhig verhalten, da Lärm die Tiere verschreckt. Um den Stress für Wildtiere gering zu halten, sollen Hunde an die Leine genommen werden. Manche Gemeinden schreiben ohnehin Leinenpflicht vor.

Im Biosphärenpark Wienerwald dürfen Spaziergänger in den 37 streng geschützten Kernzonen, in denen der Wald nicht bewirtschaftet wird, die gekennzeichneten Wege nicht verlassen. Dort dürfen auch keine Pilze, Beeren oder Kräuter gesammelt werden. Sonst können maximal zwei Kilo pro Person und Tag gebrockt werden.

Radfahren und Mountainbiken ist ausschließlich auf markierten Radwegen und Routen erlaubt. Dasselbe gilt für das Reiten. Campieren sowie das Entzünden eines Lagerfeuers ist nur mit Zustimmung bzw. einer schriftlichen Erlaubnis des Waldeigentümers gestattet.