Grüne segnen Pakt mit der ÖVP mit großer Mehrheit ab
Die Tiroler Grünen sind die einzige Partei, die in der kommenden Landtagsperiode mit einem Abgeordneten weniger (vier statt fünf Mandate) an den Start geht. Ihr Regierungspartner der vergangenen fünf Jahre hat indessen um fast fünf Prozent zugelegt. Die ÖVP eroberte 17 Sitze und damit einen zusätzlichen.
„Diese Kräfteverhältnisse müssen sich auch widerspiegeln“, war von ÖVP-Funktionären im Vorfeld der am Dienstag zu Ende gegangenen Koalitionsverhandlungen für Schwarz-Grün II zu hören. Und das ist auch der Fall, wie der nun vorliegende Pakt zeigt. Die grüne Parteispitze musste ihrer Basis am Mittwochabend ein Abkommen mit schmerzhaften Zugeständnissen an die Volkspartei zur Abstimmung vorlegen. Um 19.30 Uhr begann die Debatte. Zwei Stunden später hatte die grüne Basis einer Fortführung der Koalition mit überwältigender Mehrheit von 85,48 Prozent zugestimmt.
Die Befürworter von Schwarz-Grün plädierten zuvor unter anderem dafür, "nicht die Haare in der Suppe zu suchen". Und warnten vor der Alternative: "Dann werden unsere Leistungen von einer schwarz-blauen Regierung zunichte gemacht." Grün wirke. Die kritischen Stimmen hatten unter anderem Bauchweh mit Zugeständnissen im Umweltbereich.
Bereits am Dienstagabend hatte mit Michael Mingler einer der grünen Verhandler, wie berichtet, bekundet: „Im Umweltbereich ist doch einiges sehr schwer verdaulich.“ Nach dem Rauswurf der Bundes-Grünen aus dem Nationalrat hatte sich der Tirol-Ableger der Öko-Partei einen Wahlkampf verschrieben, der sich an die Kernwähler richtete. Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe und Klubobmann Gebi Mair hatten sich als „Umweltfighter“ plakatieren lassen.
Denen wurden von der ÖVP nun ordentlich die Federn gerupft. Und zwar bei nahezu allen vor den Verhandlungen als Knackpunkte gehandelten Themen. „Mehr Skigebiete, mehr Kraftwerke, neue Ressortzuteilungen. Das tut alles weh“, gestand Mair bei der Präsentation des Abkommens ein. So wandert die Zuständigkeit für Naturschutzverfahren und Beschneiungsanlagen zur ÖVP.
Pisten am Gletscher
Und in Bezug auf Skigebiete heißt es im Pakt: Projekte, die sich „bereits im behördlichen Verfahren befinden“, sollen abgearbeitet und „außer Streit gestellt werden“. Darunter findet sich auch der umstrittene geplante Zusammenschluss zwischen dem Pitztaler und dem Ötztaler Gletscher. Hier wollen die Betreiber auch neue Pisten bauen. Im Regierungsabkommen 2013 hatten sich Grüne und ÖVP noch darauf geeinigt, nur eine Liftverbindung zuzulassen.
Widerstand hätten sich Naturschutzorganisationen gegen den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal erwartet. Die Grünen lehnen hier insbesondere geplante Wasserableitungen aus dem Ötztal ab. Was dieses Vorhaben betrifft, heißt es im Pakt lapidar, dass „es in der laufenden Periode keiner kollegialen Beschlüsse der Tiroler Landesregierung“ bedürfe.
Das Papier enthält auch zwei von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) im Wahlkampf versprochene Straßentunnel auf der verkehrsbelasteten Fernpassstrecke, die nach Ansicht der Grünen weiteren Verkehr anziehen würden. „Wir wollen keine neuen Transitachsen und Placebo-Tunnel“, sagte Felipe zu diesem Ansinnen im Wahlkampf.
Beim Fernpassscheitel-Tunnel können die Grünen zumindest ins Feld führen, dass sie eine vermutlich nicht überwindbare Hürde festgeschrieben haben. Das auf der Strecke geltende 7,5-Tonnen-Limit für Lkw dürfe nicht fallen, heißt es. Der ebenfalls von Platter forcierte Tschirganttunnel sei hingegen ein Projekt der Asfinag, das keiner Regierungsbeschlüsse bedürfe.
Millionen für Wohnen
Die Landesparteivorstand der ÖVP segnete das Abkommen am Mittwochabend gegen 19 Uhr einstimmig ab. Die grüne Landesversammlung hatte da mit der Diskussion über den Pakt noch gar nicht begonnen. Herzeigbares gibt es rund um die Problematik leistbares Wohnen, das sich Grüne und ÖVP auf die Fahnen geheftet haben.
Das geschnürte Paket ist als Leuchtturm gedacht. 230 Millionen Euro zusätzlich sollen in die Wohnbauförderung fließen. 50 Millionen davon sind für einen Studenten-Campus im Raum Innsbruck gedacht, 30 Millionen für ein landesweites Mietbeihilfenmodell. Bis 2023 sollen außerdem 12.000 geförderte Wohnungen gebaut werden.
Im Sozialbereich bekennt sich die Koalition zum Westachsen-Modell der Mindestsicherung. Festgeschrieben ist im Programm, dass es keine Ungleichbehandlung von verschiedenen Personengruppen und auch keine Wartefrist. Unterstützt wird zwar eine bundesweite Lösung, die allerdings die höheren Wohn- und Lebenskosten in Tirol berücksichtigen soll.
Kommenden Mittwoch soll Schwarz-Grün II angelobt werden. Die ÖVP hält an ihrem bisherigen Regierungsteam fest. Bei den Grünen soll Ingrid Felipe weiter Umwelt- und Verkehrslandesrätin bleiben. Die bisherige Landtagsabgeordnete Gabi Fischer wird Christine Baur als Soziallandesrätin nachfolgen. Kritik kam von der grünen Basis bei der Landesversammlung daran, dass die ÖVP offenbar Gebi Mair als Landesrat verhindern wollte. "Wie haben uns beim Personal reinreden lassen", sagte eines der Mitglieder. Mair bleibt weiterhin Klubobmann.