"Wir haben ein Imageproblem"
"Wir leben nicht hinterm Mond. Leider hält sich hartnäckig das Klischee, dass wir nicht normal sind, Strenge und Gehorsam innerhalb der Klostermauern vorherrschen", sagt Schwester Franziska Madl von den Dominikanerinnen Wien Hitzing.
Schon bei der Begrüßung bringt sie das Bild einer altbackenen Ordensfrau gehörig durcheinander. Unter ihrem langen weißen Ordensgewand mit schwarzer Kutte blitzen schwarze Converse-Schuhe hervor. Am Arm trägt sie einen Schrittzähler. "Der erinnert mich, wenn ich zu lange vor dem Computer sitze und mich wieder etwas bewegen sollte", sagt sie schmunzelnd.
Die 35-Jährige ist eine von rund 3800 Frauen in Österreich, die sich für ein Leben im Kloster entschieden haben. Diese werden jedoch immer weniger, denn die Klöster haben mit sinkender weiblicher Nachfrage zu kämpfen. Seit den 1970er Jahren nimmt die Zahl der Ordensfrauen in Österreich kontinuierlich ab (siehe Kasten rechts).
Keine Neuzugänge
Dass den Orden die Schwestern ausgehen, bestätigt auch Consolata Supper, Provinzoberin der Schwestern vom Göttlichen Erlöser Eisenstadt. Sie stammt aus einer religiösen Familien, hat bereits mit 14 Jahren gewusst, dass sie in einen Orden eintreten will. "Die Liebe zu Gott hat mich geführt", sagt sie. Mit 18 Jahren wurde sie schließlich Ordensfrau. Heute ist Schwester Consolata 75 Jahre alt und entspricht damit genau dem Altersdurchschnitt der Schwestern in Österreich.
In all den Jahren hat sie hautnah erlebt, wie das Interesse von jungen Frauen für ein Leben im Kloster stetig abgenommen hat. "Mit mir sind damals gleich 14 Frauen eingetreten. Die Nachfrage war groß", erzählt sie. Diese Zeiten seien aber längst vorbei. "In den letzten Jahren hatten wir keinen einzigen Neuzugang. Die alten Schwestern sterben und es kommen keine jungen nach."
Das Interesse für Religion sei bei Jugendlichen vorhanden, betont sie. In ihrer Arbeit versucht sie deshalb Jugendlichen ein neues Bild zu vermitteln. "Ich liebe es mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Und man mag es kaum glauben, sie interessieren sich auch für Religion, auch wenn Eltern vor der Kirchentüre wieder kehrt machen. Man muss sich nur mit ihnen beschäftigen, sie mitgestalten lassen, auch im Gottesdienst. Leider hängt das sehr von den Priestern in den einzelnen Gemeinden ab."
Dennoch ist es ihr in den letzten Jahren nicht gelungen, junge Frauen zum Eintritt in den Orden zu bewegen. "Die Menschen wollen sich heutzutage nicht mehr binden. Das sieht man an den vielen Partnerschaften, die in die Brüche gehen."
Den Grund für den Rückgang sieht sie wie Schwester Franziska Madl in dem "verstaubten Bild, das die Leute von uns haben. Wir gelten als altmodisch."
Andere Anforderungen
Außerdem haben sich die Anforderungen an die Ordensfrauen geändert. "Wo werden wir denn heute noch gebraucht? Wir unterrichten längst nicht mehr. Im Theresianum in Eisenstadt gibt es nur noch zwei Schwestern und auch im Pflegedienst werden wir von anderem Personal abgelöst."
Das betont auch Schwester Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs. Schulen, Krankenhäuser oder Heime von den Orden sind bereits zum Großteil an andere Träger übergeben worden, da die immer kleiner werden Gemeinschaften weder personell noch finanziell in der Lagen seien, die Werke selbst weiterzuführen. Die große Herausforderung bestehe nun darin, trotzdem weiterzubestehen.
Schwester Consolata wurde bis 2017 zur Provinzoberin gewählt. Dann ist sie 77. "Danach möchte ich noch viele Jahre eine normale Schwester sein. Denn wie man sieht: wenn man alt werden will, muss man ins Kloster gehen."
Gab es 1970 noch 13.797 Ordensfrauen, hatten sie sich 1994 bereits auf 7206 beinahe halbiert. Noch einmal 20 Jahre später waren es 2014 nur noch 3793. Davon sind rund 2000 über 75 und rund 950 zwischen 66 und 75 Jahre alt. Nur 136 Ordensfrauen sind unter 40.
2013 sind österreichweit 43 Frauen in eine der 105 Gemeinschaften eingetreten, 2014 waren es nur noch 27.
Auch die Zahl der Niederlassungen ist von 1051 im Jahr 1970 auf nunmehr 530 im Jahr 2014 zurückgegangen.
Nur 91 Schwestern sind noch im Schuldienst tätig, rund 350 im Kranken- und Pflegedienst.