Von der Bürgerwehr zur Attraktion
Grauer Uniformrock, schwarze Hose, ein dreieckiger Hut samt Federbusch, Gürtel mit Messingschnalle und ein Gewehr aus dem 19. Jahrhundert – Männer, die in dieser Adjustierung in Eisenstadt auftreten, erregen mittlerweile kein Aufsehen mehr. „Die Akzeptanz wird immer besser und das freut uns sehr“, sagt Erwin Dollinger, Obmann – korrekt: Oberschützenmeister – der „Königlichen Eisenstädter Schützengesellschaft“.
1999 haben eine Handvoll Männer die Schützengesellschaft gegründet, die anfangs etwas belächelt wurde. Nunmehr sind die Schützen fixer Bestandteil beim Fronleichnamsumzug genauso wie bei der Stadtfest-Eröffnung.
Traditionsverein
Man sei aber kein „Schützenverein im klassischen Sinn“, wie Hans Ackerbauer, Unterschützenmeister, also Stellvertreter von Dollinger, erläutert: „Die zündende Idee bei der Gründung war, dass man das wehrhistorische Element der Stadt wieder aufleben lassen wollte.“ Ab 1619 war eine uniformierte Bürgergarde wichtiger Teil der Stadtverteidigung (siehe Zusatzartikel).
Die „historische Reminiszenz“ stehe im Mittelpunkt aller Aktivitäten, betont Dollinger, darum habe man auch das „Königlich“ (Eisenstadt gehörte in der Monarchie zum Königreich Ungarn) im Vereinsnamen: „Wir sind ja kein Haufen von Monarchisten, sondern ein total unpolitischer Verein, bei dem die Liebe zur Geschichte und Tradition im Vordergrund steht.“
Derzeit zählt die Schützengesellschaft 54 Mitglieder, „selbstverständlich“ auch Frauen. 28 Männer treten in Uniform auf, die sich der Verein einiges kosten lässt, 1500 Euro pro Mann. Wie der Verein das finanziell schafft? „Na ja, es geht uns nicht schlecht, aber es könnte besser sein“, sinniert der Obmann. Zum Glück habe man im Gebäude des Eisenstädter Haydnbräu ein kostenloses Obdach gefunden.
Der größte Traum des Vereins wäre ein Schützenhaus, ein kleines Museum – nicht irgendwo, sondern im Pulverturm beim Dom. „Exponate – Bilder, Waffen, Chroniken, etc. – gibt es genügend“, versichert Dollinger, denn die Gesellschaft habe eine rege Sammeltätigkeit entfaltet. Heuer will man ein Konzept ausarbeiten. Ob die Chancen für die Revitalisierung des halb verfallenen Pulverturms wirklich gut stehen, darüber macht sich Hans Ackerbauer keine Sorgen: „Man muss sich schließlich Ziele setzen.“
Wehrhaftes Eisenstadt
Nicht von ungefähr findet sich „eisern“ im Namen von Eisenstadt. Seit 1371 war die Stadt von einer Mauer samt Türmen und Wassergraben umgeben. Alle „behausten Bürger und deren erwachsene Söhne“ hatten die Pflicht, die Stadt zu verteidigen. Was im Laufe der Jahrhunderte auch oft notwendig war. Westungarn und somit Eisenstadt war Schauplatz vieler Auseinandersetzungen: Einfälle der Türken, Kuruzzenkriege, etc. 1619 wurde die „Eisenstädter Schützengesellschaft“ gegründet. Diese bewaffnete, gut ausgebildete Bürgergarde sollte bis 1894 bestehen.