Chronik/Burgenland

Das Burgenland ist seiner Zeit voraus

Wenn Geschäftsführer Peter Hauswirth im Dezember durch die Schokoladenfabrik in Kittsee im Burgenland geht, dann denkt er nicht an die süßen Versuchungen, sondern an Produkte. Und bereits jetzt, so kurz vor Weihnachten, sieht er Osterhasen, so weit sein Auge reicht. Von Nikolos und Christbaumanhängern keine Spur.

„Wir haben bereits Ende November mit der Produktion von Osterhasen und allem, was dazugehört, begonnen“, sagt Hauswirth. Rund 1500 Kilogramm Schokolade werden für die Osterhasen, Schokolade-Eier und Nester benötigt. Die Aufträge sind bereits unter Dach und Fach.

Frühe Ostern

Dass Ostern im kommenden Jahr bereits am 1. April ist, freut Peter Hauswirth gar nicht: „Dadurch schiebt sich die Saison zusammen, und es werden weniger Osterhasen gekauft.“ Sorgen brauche man sich über die Firma dennoch nicht machen.

Doch die Hauswirth-Schokolade ist nicht nur aufgrund ihrer Qualität bekannt, sondern kam auch wegen des sogenannten Osterhasenstreits zwischen den Burgenländern und dem Schweizer Großkonzern Lindt & Sprüngli in die Schlagzeilen.

Der Prozess zog sich über sieben Jahre hin. Im März 2012 fiel eine Entscheidung: Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien hat entschieden, dass der in Goldfolie gehüllte Prachthase der Firma Hauswirth mit seiner roten beziehungsweise rot-weiß-roten Schleife die Markenrechte, die der Schweizer Großkonzern an seinem Goldhasen hält, verletzt.

Hauswirth wurde der Verkauf selbst dann verboten, wenn der Firmenname auf den Hasen steht. Kurios dabei: Andere Schokoladeproduzenten dürfen das mit ihren Namen und bekommen keine Probleme.

Unverständnis

Der damalige, mittlerweile pensionierte Anwalt Harald Schmidt kann dieses Urteil heute noch nicht verstehen: „So eine Fehlentscheidung des OGH habe ich in meiner 40-jährigen Laufbahn nicht erlebt.“ Wie viel der Prozess kostete, will oder kann Peter Hauswirth „beim besten Willen“ nicht sagen: „Es wäre aber schön, wenn dieses Geld jetzt am Tisch liegen würde.“ In den Ruin habe der langjährige Zwist die Firma Hauswirth jedenfalls nicht geführt.

Nicht abzusehen

Das Match ist noch immer nicht aus: Hauswirth kann sich nämlich nach wie vor nicht sicher sein, dass die Hasen in Goldfolie nicht wieder aus den Regalen genommen werden, wenn diese dem Schweizer Großkonzern Lindt nicht passen. „Das kann man nicht wissen“, sagt Rechtsanwalt Schmidt.

Hauswirths Osterhasen werden dennoch weiter produziert. Man hofft einfach, dass es zu keinen Schwierigkeiten kommt. „Aber“, sagt Peter Hauswirth „das Leben ist gefährlich.“

Fakten

Firma Hauswirth1949 gründete Franz Hauswirth die Firma in Wien als Konditorei .3000 Tonnen Schokolade pro Jahr werden von 200 Mitarbeitern mittlerweile in Kittsee verarbeitet. Der Umsatz: 13 Millionen €.

Der Schokohersteller Lindt & Sprüngli kämpft noch auf einer anderen Front: Der Fruchtgummi-Spezialist Haribo will verhindern, dass sich die Schweizer auch mit einem Teddy eine goldene Nase verdienen.

Im Ring stehen einander stellvertretend der „Teddy“ in Goldfolie aus der Schweiz und der Bonner „Goldbär“ gegenüber. Am 18. Dezember will das Landgericht Köln eine Entscheidung verkünden. Die dürfte aber nur eine Etappe im Rechtsstreit bleiben.

Haribo besitze sowohl das Wortmarkenrecht „Goldbär“ als auch das Bildmarkenrecht an dem gelben Bären mit der roten Schleife, sagt Haribo-Sprecher Marco Alfter. Er verweist darauf, dass der Goldbär einen 95-prozentigen Bekanntheitsgrad habe. In einer Umfrage hätten 90 Prozent der Teilnehmer den Goldbären der Marke Haribo zugeordnet.

Lindt hat schlechte Erfahrungen mit dem Streit um Markenrechte – in Deutschland. Seit Jahren prozessiert man gegen die bayerische Confiserie Riegelein und deren goldenen Hasen. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht in Frankfurt die Klage abgewiesen und keine Revision zugelassen. Dagegen versucht Lindt beim Bundesgerichtshof vorzugehen. Auch der Vorstoß, den Schokohasen als EU-Marke eintragen zu lassen, scheiterte im Mai vor dem Europäischen Gerichtshof.

Knifflig

Im Fall Teddy gegen Goldbär müssen die Kölner Richter eine knifflige Frage des Markenrechts beantworten: Inwieweit kollidiert eine Wortmarke mit einem dreidimensionalen Objekt? Zuvor hatte das Gericht auf Antrag Haribos bereits eine einstweilige Verfügung gegen den Vertrieb des goldenen Teddy erlassen. Allerdings hatten sich die Unternehmen außergerichtlich darauf geeinigt, dass der Teddy bis zu einer endgültigen Entscheidung weiterverkauft werden darf – im Gegensatz zu Hauswirths Osterhasen.

„Unsere Produkte sollen friedlich miteinander im Regal stehen können“, sagt die Sprecherin von Lindt & Sprüngli, Sylvia Kälin. Beide seien so unterschiedlich, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe.

„Dazu gibt es bisher keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs“, sagt der Jurist und Markenrechtsexperte Frank Weiler von der Universität Bielefeld. „Marken haben die Funktion, die Herkunft einer Ware zu kennzeichnen.“ Fraglich sei, ob hier wirklich eine Verwechslungsgefahr bestehe. „Bekannte Marken werden aber stärker geschützt als andere Marken. Und besonders bekannte Marken dürfen nicht uneingeschränkt für andere Waren genutzt werden.“

Die Frage laute also: Nutzt Lindt die Bekanntheit der Marke Goldbär für die Vermarktung von Teddy aus? Denkt der Verbraucher angesichts von Goldhase und Gold-Teddy auch an Goldbär? Weiler: „Das ist kein glasklarer Fall, aber nicht ohne Erfolgsaussichten.“