Chronik/Burgenland

Mit dem Rad auf ein Low-Carb-Menü

Braungebrannt, im lässigen schwarzen Outfit, sitzt Leo Hillinger im schattigen Gastgarten der "Dankbarkeit" in Podersdorf. Es ist das Lieblingslokal des Top-Winzers, weil, wie er sagt, "die Qualität des Essens und der Weine stimmt und der Garten einfach ein Wahnsinn ist".

Dass er Zeit für diesen Termin gefunden hat, grenzt an ein Wunder, denn "ich bin gerade erst aus dem Ausland zurückgekommen, war nur kurz zu Hause, um gleich wieder wegzufahren. Oft habe ich zehn Termine an einem Tag. Ohne meine Assistentin, die das alles koordiniert, wäre ich aufgeschmissen", erzählt er.

Den Erfolg habe er sich über die Jahre hart erarbeiten müssen. "Ich habe nicht bei null angefangen, sondern bei minus 400, denn ich hatte einen riesigen Schuldenberg." 1990 hat er den Weinhandel von seinem Vater übernommen. "Wir hatten damals nicht einmal ein Hektar Anbaufläche." 1997 hat Hillinger schließlich das erste Weingut mit zwölf Hektar gekauft. "Das war ein Einschnitt in meinem Leben." Die ersten Weine Hill 1, 2 und 3 wurden produziert. "Die haben wie ein Blitz eingeschlagen und waren in kurzer Zeit ausverkauft."

Hillinger wurde zur Marke, die jedem ein Begriff ist. "Wir haben nie Geld für Marketing ausgegeben, sondern uns selbst gut verkauft. Man muss das Talent und die Liebe dazu haben, dann funktioniert es", ist Leo Hillinger überzeugt. Und ganz wichtig: "Die Qualität muss stimmen. Denn ein schlechtes Produkt bedeutet trotz gutem Marketing einen schnellen Tod."

Heute umfasst das Weingut 55 Hektar. Exportiert wird in insgesamt 18 Länder, hauptsächlich in die USA, die Schweiz, nach Deutschland und China. Seit fünf Jahren habe er keine Schulden mehr. "Wir müssen nicht mehr unter Druck verkaufen. Es muss nicht immer mehr werden."

Zum Marketing gehören für Hillinger auch die Society-Events, auf denen er, wie er sagt, "Gesichtswäsche" betreibt. "Ich bin berechnend, gehe nur zu Veranstaltungen, die mir wichtig sind", sagt Hillinger und betont, dass er keineswegs ein Partylöwe ist. "Es ist wichtig für das Geschäft. Aber am wichtigsten ist die Familie. Für sie muss immer Zeit bleiben. Und ich will nicht zum Lugner der Weinszene werden."

"Zur Dankbarkeit"

"Normalerweise kommt Leo mit dem Rad", sagt Josef Lentsch, der das Gasthaus "Zur Dankbarkeit" in dritter Generation betreibt. Der Wirt und der Winzer kennen einander seit Jahren, sind Freunde. Wie erwähnt, schätzt Hillinger vor allem die Qualität des Essens. "Ich bin oft hier und bestelle immer das Gleiche: Fischsuppe und den Wels mit Gemüse. Beides ein Gedicht." Wie beide Gerichte verraten: Leo Hillinger verzichtet gänzlich auf Kohlenhydrate. "Das muss ich, sonst wäre es mit der Figur vorbei." Und das, obwohl der Winzer sich beinahe täglich aufs Fahrrad schwingt. "Sport ist sehr wichtig und Radfahren lässt sich gut in den Alltag integrieren. So fahre ich zu Terminen in Wien immer mit dem Rad." Es darf aber ruhig auch einmal extremer zugehen. "Am Sonntag geht es von Innsbruck nach Berlin", verrät er.

Traditionell und bodenständig ist die Küche in der Dankbarkeit. Dass in der Gaststube nur Produkte aus der Region auf den Tisch kommen, ist Josef Lentsch wichtig. "Wir beziehen Fleisch und Gemüse von umliegenden Kleinbetrieben. Auch Gewürze und Öle müssen bei uns einen Bezug zur Region haben, beispielsweise stammt das Olivenöl von einer Burgenländerin oder der Kaffee aus einer Rösterei aus Breitenbrunn."

Für Leo Hillinger ist das Genießen im schönen Gastgarten auch schon wieder vorbei. "Ich muss zum nächsten Termin", sagt er, schwingt sich auf sein Motorrad und braust davon.

Nach Übernahme des Weinhandels 1990 entwickelte er den Betrieb durch Zukäufe guter Lagen rund um Jois und Rust rasch zu einem international renommierten Weingut. 2004 wurde die Produktionsstätte in Jois gebaut, 2005 der erste Flagship-Store in Parndorf eröffnet. Mittlerweile gibt es Lounges von Wien über Salzburg und München bis Flachau. Weitere sind in Planung. Die Weine werden regelmäßig im In- und Ausland ausgezeichnet. Seit Jahren engagiert sich Hillinger für karitative Vereine und Organisationen. Von der Brustkrebshilfe bis zum Waisenhaus. Bleibt noch Zeit, hält er Vorträge und bastelt an neuen Projekten, wie einem Bed & Breakfast.

Gut bürgerliche Küche mit ausschließlich regionalen Produkten. Neben „Dankbarkeits-Klassikern“ richtet sich die Karte nach Saison.

Mittelpreisig. Die Fischsuppe mit Paprika gibt es um 6,50 €, das geschmorte Steppenrind aus dem Nationalpark um 19,50 €.

Der große, schattige Gastgarten ist an heißen Tagen sehr begehrt. In der Gaststube erinnern Bilder an die Anfänge. http://www.dankbarkeit.at