"Ich wäre froh, wenn wir sagen könnten, wir haben die Abwanderung gestoppt"
KURIER: Wie steht das Südburgenland beim Wirtschaftswachstum im Vergleich zum Nordburgenland und zu anderen Regionen Österreichs da?
Oliver Fritz: Das Südburgenland nimmt unter 35 Regionen österreichweit beim Wachstum des BIP (Bruttoinlandsprodukt) pro Kopf immerhin Rang 20 ein. Innerhalb des Burgenlands wächst der Norden, begünstigt durch die Nähe zu Wien und Bratislava sowie dem relativ dynamischen westungarischen Raum, schneller als der Süden, wo die Bilanz beim BIP-Gesamt-Wachstum nicht ganz so rosig aussieht (siehe Grafik).
Warum fällt das BIP pro Kopf wesentlich besser aus, als das Gesamt-Wachstum?
Bei der Interpretation der Zahlen muss man vorsichtig sein. Abwanderung erhöht nämlich das BIP pro Kopf.
Welche Maßnahmen braucht es, um das Wachstum im Südburgenland anzukurbeln?
Der Süden ist bedingt durch seine geografische Lage klar im Nachteil. Das Südburgenland kann durch seine Nähe zu Graz profitieren. Der Ausbau der S7 ist daher sehr wichtig. Die Verkehrsanbindungen sind aber nicht alles. Es gibt nicht die eine Strategie, sondern es muss in den verschiedensten Bereichen angesetzt werden.
Was genau meinen Sie damit?
Man muss schauen, was klappt gut und was muss man besser machen. Es gibt Unternehmen, die erstaunlich gut funktionieren. Hier sollte man ansetzen und versuchen, Betriebe zu holen, die hier verankert sind, mit Zulieferern aus der Region. Dafür braucht es auch qualifizierte Arbeitskräfte. Das heißt, Bildungseinrichtungen weiter ausbauen. Sie sind Wachstumstreiber. Das Thema erneuerbare Energie nicht aufgeben. Und nicht zuletzt den Tourismus fördern.
Stichwort Förderungen: Hat der Süden als einstiges Ziel-1-Gebiet davon profitiert?
Dafür müsste man sich ganz genau anschauen, was mit dem Geld passiert ist. Es braucht eine Evaluierung um zu sehen, was wurde gemacht, was hat funktioniert und was kann man besser machen. Doch ob das die Politik will, ist eine andere Frage.
Was braucht es, um mehr Gäste in die Region zu holen?Das Südburgenland hat mit den Thermen keine schlechten Voraussetzungen. Das generelle Problem ist, dass viel zu sehr die eigene Suppe gekocht wird und man Kooperationen abgeneigt ist. Dabei wäre das der Schlüssel zum Erfolg. Beispielsweise könnte die Thermenlandkarte der Steiermark auf das Südburgenland erweitert werden. Gäste, vor allem internationale, brauchen ein breites Angebot. Aber die Region ist gar nicht vorbereitet darauf.
Inwiefern?
Es braucht eine hochwertige Gastronomie und Hotellerie. Die Nächtigungszahlen zeigen, dass Unterkunftsarten in den oberen Segmenten am besten gebucht sind. Und man könnte sich auf eine bestimmte Zielgruppe spezialisieren. Beispielsweise hat das die westliche Obersteiermark mit Gästen aus Osteuropa gemacht und die Angebote angepasst. Also Folder oder auch Speisekarten müssen in der jeweiligen Sprache verfügbar sein. Das Südburgenland als Florida von Österreich, das Pensionisten für ihren Alterswohnsitz anlockt, ist ein guter Ansatz, aber es funktioniert nicht von allein. Statt Wettbewerb untereinander zu betreiben, sollten alle an einem Strang ziehen.
Zum Abschluss, wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Wie sehen Sie das Südburgenland in zehn Jahren?
Ich wäre froh, wenn wir sagen könnten, wir haben es stabilisiert und die Abwanderung gestoppt. Das Modell Florida könnte funktionieren. Dafür muss man sich ein Konzept überlegen und es braucht einen Diskussionsprozess mit den Beteiligten.