Chronik/Burgenland

Freier Zugang zu Neusiedler See soll in Verfassung

Die riesige Bautafel ist verblasst, der Bauzaun schwankt im Wind, die Stützwände zum Wasser beginnen zu rosten. Das 14 Meter hohe Hotel direkt am Ufer des Neusiedler Sees in Neusiedl wird nicht umgesetzt.  Nie. „Es wird gar kein Hotel hier gebaut. Der freie Seezugang bleibt erhalten“, sagt Bürgermeisterin Elisabeth Böhm (SPÖ). Die burgenländische Stadt hat sich das Baurecht um 50.000 Euro vom Bauträger zurückgekauft.

Das kommt gerade recht. 75 Prozent  der Bewohner der 27 Gemeinden rund um den See  wollen, dass ein öffentlicher Zugang erhalten bleibt, beziehungsweise geschaffen wird (siehe Grafik). Die Umfrage wurde im Rahmen des Masterplans Neusiedler See durchgeführt. Seit April wird an dem Konzept gearbeitet. Naturschutz, Landwirtschaft, Tourismus und wirtschaftliche Entwicklungen sollen in der boomenden Region unter einen Hut gebracht werden.  In knapp einem Jahr soll der Masterplan abgeschlossen sein.
 

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Unverbauter Blick

Am Freitag präsentierten Landeshauptmann Hans und Landesrätin Astrid Eisenkopf (beide SPÖ)  erste Zwischenergebnisse und eine Österreich-Premiere: Der freie Zutritt zu allen burgenländischen Seen   –  das heißt übrigens nicht kostenlos –  soll  in die Landesverfassung. Und zwar durch eine sogenannte  Staatszielbestimmung.

Das sei für Bevölkerung und Urlaubsgäste gleichermaßen wichtig, erklärte Niessl.    Er hat bereits Gespräche mit dem burgenländischen Verfassungsdienst geführt. „Wir sind bestrebt, den freien Zugang der Allgemeinheit zu den Seen möglichst weitgehend sicherzustellen“, sagt Niessl.  Und den unverbauten Blick auf die Gewässer. Man sei aufseiten der . 

Derzeit beschäftigen einige Projekte etwa in Weiden oder Breitenbrunn die Gemeinden und das Land. Bürgerinitiativen haben sich gebildet, die sich auch auf den Schutzstatus des Sees berufen. Er ist seit  2001 UNESCO-Welterbe. An bestehenden  Einrichtungen, aber auch an Widmungen wird nicht gerüttelt. Man wolle aber „Ausverkauf und Zupflastern“  in Zukunft verhindern, erklärt Eisenkopf.

Das Schreckgespenst befindet sich in einem anderen Bundesland – in Kärnten genauer gesagt.  Bürgermeisterin Böhm nennt  es auch gleich  beim Namen.  „Der Neusiedler See darf nicht der Wörthersee werden.“

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Privates Seenreich

Rund um den  beliebten Kärntner See ist tatsächlich viel verbaut worden. Denn vier Fünftel der Uferfläche gehört Privaten, die sich zuweilen mit Villen bis Appartementhäusern ihre persönlichen Seezugänge mauerten. Seit 2016 reagiert die öffentliche Hand jedoch auf die Situation: Da ein offizieller Baustopp von der  Gemeinde, dort  eine nicht erfolgte Umwidmung in Bauland.

Gleichzeitig bemüht sich das Land Kärnten,  aktiv Möglichkeiten  zu schaffen, im Wörthersee einzutauchen: Mitte Juli etwa wurde in Reifnitz der jüngste  Seezugang für die  Allgemeinheit präsentiert. Derartige Projekte   wurde  auch schon an anderen Seen umgesetzt, etwa am Afritzer See oder Millstättersee. Heuer sollen weitere folgen; 14 Standorte gibt es bereits, mindestens  acht sollen noch folgen, vom Ossiacher See bis zum Weissensee.

In Oberösterreich dürfte es Politikern wegen der burgenländischen Debatte in den Ohren klingeln. Die Idee, den freien Seezugang nach bayerischem Vorbild in die Landesverfassung aufzunehmen, verfolgte 2015 bereits die damalige schwarz-grüne Regierung.   Wie in Kärnten sind auch in Oberösterreich viele Ufergrundstücke in Privateigentum, der Zugang zu Seen    beschränkt. Bei den Bundesforsten rennen  Politiker  offene Türen ein: Sie betreuen 70 Seen in Österreich, 180.000  Badeplätze sind frei zugänglich.

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