Chronik/Burgenland

Der Winzer und der Wirt

„Wir sind fast wie ein altes Ehepaar“, sagt Hannes Reeh und kann sich ein Grinsen nicht verhalten. Der Winzer sitzt mit René Tauber beisammen, die Vorspeise steht schon am Tisch: Gänseleberpastete und Gansl-Schmalz kündigen an, was heute noch am Menü steht: Traditionelles Martinigansl.

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Hier am sonnigsten Fleck Österreichs, direkt am Ufer des Andauer Pusztasees, betreibt Tauber seit bald 15 Jahren sein Seerestaurant. Seinen Winzerfreund kennt er schon länger: Tauber und Reeh verbindet mehr als nur der gleiche Jahrgang, seit Kindertagen sind die beiden Freunde. Zwar seien nun die wilden Zeiten der gemeinsam durchzechten Nächte vorbei, doch auch heute sitzen die Freunde noch gern „bei einer gemütlichen Flasche Wein zusammen“, wie Tauber erzählt. „Oder zwei“, fügt Reeh hinzu.

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Für den Winzer ist das „Tauber am See“ wie ein zweites Wohnzimmer. „Hier komme ich mit Händlern, Journalisten oder eben privat her“, erzählt Reeh. Seine Kellerei befindet sich am anderen Ende des Orts, näher an der Grenze zu Ungarn. Vor zehn Jahren hat der heute 36-Jährige den Betrieb von den Eltern übernommen und das gesamte Sortiment auf den Kopf gestellt. Die Rebfläche wuchs von acht auf 60 Hektar, der Verkauf ging in die Höhe. Die Weine von Hannes Reeh, allen voran das Zweigelt-Sortiment, kennt man heute weit über die Grenzen Österreichs hinaus.

Wenn sich der Winzer privat eine Flasche aufmacht, dann soll es nur fremder Wein sein, „man muss ja schauen, was andere so machen“. Mit Freund Tauber stoßt er heute mit einem Achterl Grünen Veltliner aus dem Kremstal an. In zwei Sätzen haben sie die Diskussion abgehandelt: „Über Weine muss man nicht immer stundenlang philosophieren. Wein darf Spaß machen“, meint Reeh. Diese Ansicht spiegelt sich auch in seinem Wein-Sortiment wider: Um Gefallen an Reeh-Weinen zu finden, muss man kein Kenner sein.

Über Nacht gegart

Als Taubers Gattin Sabrina das Martinigansl an den Tisch bringt, breitet sich ein wohliger Duft aus, auch Haushündin Ilvi blickt neugierig unterm Tisch hervor. Tauber verwendet ausschließlich burgenländische Weidegänse, deren Fleisch durch die Haltung auf der Weide fester und fettärmer ist. Die Zubereitung beginnt schon am Abend zuvor, während der Nacht garte der Braten bei 80 Grad im Ofen. Vor dem Servieren wird das Rohr dann noch einmal aufgeheizt, dadurch ist die Haut des Gänsebratens zwar schön knusprig, das Fleisch darunter jedoch buttrig weich. Dazu gibt’s Maronisaftl und Beilagen en masse, der Tisch biegt sich fast. Noch bis Ende des Monats kann man bei Tauber Gansl essen, Vorbestellung wird empfohlen.

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Über Nacht gebrannt

Aus dem einstigen Badesee-Bistro der Eltern hat sich ein Seerestaurant auf hohem Niveau entwickelt. Doch trotz Wachstum waren die Zeiten nicht immer einfach: „Mobilheimbrand“ stand in der nächtlichen Meldung, die Tauber als Mitglied der Andauer Feuerwehr am 11. September letzten Jahres bekam. Doch als er im zweiten Wagen um die Ecke bog, sah er: Es war sein eigenes Lokal, das in Flammen stand. 125 Feuerwehrleute konnten nichts mehr daran ändern, dass das Gebäude über Nacht bis auf die Grundmauern abbrannte. Neubau war die einzige Alternative, im August folgte die Wiedereröffnung.

Am Weingut von Hannes Reeh neigt sich nun eine arbeitsreichste Zeit dem Ende zu. Nach der Ernte hilft der gesamte Betrieb zusammen, um die Kellerei für den Andauer Tag der offenen Kellertür auf Hochglanz zu bringen. Danach blickt man schon auf den Winter, füllt starke Rotweine für die Skisaison ab. Zu tun gibt es auf dem Weingut immer was, das Geschäft ist weiterhin im Wachsen. Hannes Reeh sieht das gelassen: Es müsse nicht immer „mehr, mehr, mehr“ sein, meint er. Allerdings: „Ein bissl was geht noch“.

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