"Der Super-GAU des Burgenlandes"
Man muss die richtigen Worte finden, wenn man in die Gesichter der Kollegen schaut, die in diesen Tagen Unglaubliches leisten", sagt Michael Palkovits, zweiter stellvertretender Leiter des Landeskriminalamtes Burgenland. Seit dem Flüchtlingsdrama mit 71 Toten auf der A4 nahe Parndorf sind Palkovits und sein Team im Dauereinsatz. "Es ist den Kollegen zuzumuten, weil es ihre Arbeit ist, aber die Grenze ist erreicht", meint er.
Palkovits war einer der ersten, der am 27. August zu jener Pannenbucht gerufen wurde, wo der Lkw abgestellt war.
"Ich war gerade bei einem Mordprozess im Landesgericht, als ich gegen 12 Uhr darüber informiert wurde, dass es auf der A4 mehrere Tote in einem Lkw gibt." Welches Bild den Kriminalbeamten kurze Zeit später erwarten sollte, konnte er sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen. Doch wenig später war klar: "Mit so einer Dimension hat die Kriminalpolizei noch nicht zu tun gehabt. Es war der Super-GAU des Burgenlandes", schildert Palkovits seine Eindrücke.
Psychische Belastung
Sofort, nachdem sich das ganze Ausmaß der Flüchtlingstragödie darstellte, wurden eine Tatortgruppe, der leitende Staatsanwalt, Gerichtsmediziner, sowie Beamte aus Niederösterreich hinzugezogen und ein Krisenstab eingerichtet. Palkovits war auch bei der Bergung der Leichen dabei. Der Kriminalbeamte ist ein Profi, das merkt man. Seine Erzählungen sind sachlich. Erst beim Schildern von Details lässt er erahnen, welche Gefühle diese in ihm hervorrufen. "Schon alleine der Geruch war unvorstellbar. Dazu das Bild der Leichen, die sich in unterschiedlichen Verwesungsstadien befanden."
Was die Arbeit der Kriminalbeamten besonders schwierig machte, war laut Palkovits, dass akribisch genau aufgepasst werden musste, keine Spuren zu zerstören. "Es ging ja nicht nur um die Bergung der Leichen, sondern um die Täter. Sie sollten so rasch als möglich gefasst werden und das ist durch die internationale Zusammenarbeit auch gelungen."
Betreuung
Damit das Ermittlerteam die außergewöhnliche Belastung verarbeiten kann, wurde eine sogenannte "Peer-Group" eingesetzt. "Ohne psychologische Betreuung würde es nicht gehen. Wann immer jemand Ansprache braucht, stehen die Kollegen zur Verfügung." Außerdem würden sich die Beamten untereinander austauschen, um das Erlebte zu verarbeiten.
"Obwohl eine Dimension erreicht ist, die es so bisher noch nie gegeben hat, muss man Ruhe und Ordnung bewahren. Man befindet sich wie einem Tunnel, alles läuft automatisch ab", erklärt Palkovits.
Es sei Arbeit, die gemacht werden muss und man müsse einen Weg finden, um abschalten zu können. "Das ist unser Job. Man muss es verkraften können. Denn am nächsten Tag geht es weiter."
Schlepper
Zehn Tage nach dem Flüchtlingsdrama auf der A4 konzentriert sich die Arbeit von Palkovits und seinem Team ganz auf die Täter. "Es geht in erster Linie darum, die Schlepperkreise ausfindig zu machen und die kriminelle Vereinigung auszuheben. Das geschieht in internationaler Zusammenarbeit."