Chronik/Burgenland

"Auch die Innenministerin ist eine Frau"

Sandra Jahn hat sich mit 32 Jahren entschlossen Polizistin zu werden. Bis heute bereut sie diesen Schritt "keine Sekunde lang".

KURIER: Sie haben im kaufmännischen Bereich gearbeitet und später in einem Büro. Warum wollen Sie jetzt Polizistin werden?

Sandra Jahn: Der Wunsch, Polizistin zu werden, der war immer schon da. Ich habe mir aber Grenzen gesetzt. Solange die Kinder (jetzt 12 und neun Jahre, Anm.) klein waren, habe ich mich nicht getraut. Ich hatte Angst, nicht alles unter einen Hut zu bringen.

Und was war dann schließlich das Ausschlaggebende?

Meine Mutter hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass in Eisenstadt 25 Planstellen bei der Polizei frei sind. Bewirb dich, sagte sie. Sie sah mich bereits in Uniform mit der Radarpistole stehen.

Die Dienstzeiten können es ja nicht sein, wenn man etwa an Sonn- und Feiertagen und nachts Dienst machen muss?

Darüber muss man sich schon vorher Gedanken machen. Wenn man nicht in der Nacht oder am Wochenende Dienst machen will, dann ist das absolut der falsche Beruf.

Fühlen Sie sich den männlichen Kollegen unterlegen?

Nein, nicht wirklich. Ich bin ja kein kleines Kind mehr.

Ist die Polizeischule respektive Ausbildung eigentlich schwierig?

Ja schon. Wenn man sich nicht von Anfang an dahinter setzt und sich kein Ziel steckt, dann hat man hier eigentlich nichts verloren.

Wie darf man sich die Ausbildung und den Unterricht vorstellen?

Die Ausbildung dauert 24 Monate. Wir haben derzeit 40 Stunden Unterricht pro Woche. Nach den ersten zwölf Monaten folgt eine zweimonatige Praxisphase und dann wieder sieben Monate Theorie. Danach wieder drei Monate Praxis mit anschließender Dienstprüfung.

Es gibt Polizeibeamte, die der Meinung sind, dass Frauen den Polizeiberuf lieber lassen sollten. Was sagen Sie dazu?

Das finde ich nicht. Warum eigentlich? Es gibt doch auch Managerinnen in Führungspositionen. Unsere Innenministerin ist eine Frau. Wo soll da der Unterschied zwischen Mann und Frau liegen?

Sind Polizisten eher dein Freund und Helfer oder sollen sie mehr für Recht und Ordnung sorgen?

Wir sind für beides da: Wir sorgen als Freund und Helfer für Recht und Ordnung.

Gefällt Ihnen eigentlich die blaue Uniform?

Ja. Im Sommer ist die Hose aber ein bisschen zu dick.

Sie waren dabei, als das Zeltlager für Flüchtlinge hier in Eisenstadt aufgestellt wurde. Was ging Ihnen dabei durch den Kopf?

Ich habe an die Menschen gedacht, was sie alles erlebt haben, was sie mitgemacht haben. Wie es ihnen jetzt geht und dass sie wahrscheinlich froh sind, dass sie ein Dach über dem Kopf haben. Dass sie in Ruhe einschlafen können ohne Angst haben zu müssen.

Was halten Sie davon, dass Menschen, die zur Polizei gehen wollen, eine Mindestkörpergröße haben müssen?

Das gibt es Gott sei Dank nicht mehr.

Fürchten Sie sich davor, einmal die Waffe zu gebrauchen?

Angst würde ich nicht sagen, eher Respekt. Wenn es wirklich unbedingt notwendig sein sollte, dann bleibt einem nichts anderes übrig.

Eines der Anforderungskriterien, um Polizistin werden zu können, ist Fitness. Wie oft trainieren Sie?

Ich laufe fünf bis sieben Kilometer, zwei bis drei Mal die Woche. Krafttraining steht auch am Programm.

Was ist für Sie das Wichtigste im Leben?

Meine Kinder.

Apropos Kinder: Was sagen sie zu Ihrer Berufswahl?

Meine Kleine hat mich gefragt, ob ich sie einmal mit Blaulicht von der Schule abhole.

Die Grundausbildung für den Polizeidienst dauert 24 Monate (davon 19 Monate theoretische Fachausbildung sowie 5 Monate praktische Einführung in den Dienstbetrieb auf einer Polizeiinspektion). Voraussetzungen dafür sind u.a. die Österreichische Staatsbürgerschaft, volle Handlungsfähigkeit, charakterliche Eignung und ein einwandfreier Leumund (z. B. keine Vorstrafen, Diversionen, Alkohol- oder Suchtgiftdelikte, Fahrerflucht,…). Das Mindestalter beträgt 18 Jahre.

Nach Lage oder Sitz sind jene Tätowierungen zulässig, die bei aufrechter Körperhaltung und angelegten Armen von der Sommeruniform (kurzes Hemd und lange Hose) verdeckt werden oder die rein kosmetischen Zwecken dienen (Permanent-Makeup). Zudem wird auch auf das Motiv bzw. die Bedeutung der Tätowierung geachtet.

Die theoretische Fachausbildung findet in einem Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive statt. In Eisenstadt werden derzeit 25 Personen ausgebildet, wobei insbesondere Rechtsfächer bzw. -materien und Handlungslehre unterrichtet werden.

Nach Abschluss der Grundausbildung erfolgt die Übernahme ins öffentlich- rechtliche Dienstverhältnis als Exekutivbeamter/Exekutivbeamtin und die Dienstverrichtung im uniformierten Streifendienst auf einer Polizeiinspektion.

Nach mehrjähriger Tätigkeit auf einer Polizeiinspektion besteht die Möglichkeit zum Aufstieg ins mittlere Führungsmanagement (z.B. Dienstführung auf einer Polizeidienststelle) oder sogar weiterführend die Absolvierung des Fachhochschulstudienganges "Polizeiliche Führung" als Rüstzeug für die Leitung eines Stadt- oder Bezirkspolizeikommandos oder für eine leitende Position in einer Landespolizeidirektion.