Chronik

Beratungsresistent

"Echte Einkaufserlebnisse mit persönlicher Beratung", das versprach der Wiener Handelsobmann Rainer Trefelik kürzlich bei der Pressekonferenz zum Auftakt des Weihnachtsgeschäfts.

Doch das scheinen sich nicht alle Verkäufer in den Wiener Einkaufsstraßen zu Herzen zu nehmen, wie KURIER-Leser Benedikt N. am ersten Einkaufssamstag am eigenen Leib erfahren durfte.

Auf der Suche nach einer neuen Leder-Umhängetasche betrat er ein Taschenfachgeschäft in Wien-Neubau. Von der Verkäuferin kam weder ein "Grüß Gott", noch ein "Hallo", oder ein "Kann ich Ihnen vielleicht helfen?".

Nicht etwa, weil sie damit beschäftigt gewesen wäre, einen der anderen anwesenden Kunden zu beraten, sondern weil das Stehen hinter dem Tresen offenbar ihre komplette Kraft und Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

Zumindest zu einem "Auf Wiedersehen" konnte sie sich durchringen, als Benedikt N. – und mit ihm die anderen Kunden – das Geschäft wenig später verließ. Gekauft hat keiner von ihnen etwas.

Der nächste Stopp war ein großes Kaufhaus im Stadtzentrum. Diesmal wurde der Kunde von der Verkäuferin zwar begrüßt, das Beratungsgespräch gestaltete sich dann aber nicht wirklich konstruktiver.

"Haben Sie vielleicht diese Tasche?" Benedikt N. zeigte ein Foto und hatte sogar die Artikelnummer parat.

"Ich glaube nicht. Wir haben nur das, was wir da haben. Schauen Sie sich doch um."

Nachdem sich Benedikt N. alleine umgeschaut, aber nichts gefunden hatte, kehrte er zur Verkäuferin zurück.

"Könnten Sie die Tasche denn vielleicht bestellen?"

"Nein, wir bestellen nichts."

Also ganz ehrlich: In Zeiten von Onlineshops, die rund um die Uhr offen haben und bei denen man kostenlos bestellen und zurückschicken kann, sollten es sich Verkäufer vielleicht zwei Mal überlegen, auf jenes Asset zu verzichten, das sie von den Konkurrenten im World Wide Web unterscheidet.

Benedikt N. hat die Tasche dann übrigens Zuhause nach fünfminütiger Suche online gefunden und dort bestellt.