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Weissner: Dieser Mann übersetzte Bukowski

Er trug den Sarg, 1994 in LA, und rief dem toten Charles Bukowski nach: "Vaya con dios. Wir sehn uns noch!
Carl Weissners Übersetzungen machten den amerikanischen Dichter und Müller-Thurgau-Trinker im deutschsprachigen Raum berühmt. Seit Kurzem schreibt Weissner selbst. Er beeilt sich. Der heute 71-Jährige hat viel aufzuholen ...

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KURIER: Sie haben von William Burroughs und Charles Bukowski gelernt, wie man Dialoge schreibt. Wann ist ein Dialog gut?
Carl Weissner: Wenn er die Figuren auf Anhieb so interessant macht, dass sie unverwechselbar werden. Statt dass sie als Phrasen stammelnde Pappkameraden durch die Gegend stolpern, wie sie es in der deutschen Literatur so gerne tun.

Wer schreibt die besten Dialoge?
Franz Xaver Kroetz und ich.

Muss man nicht fürchten, mit zerrütteten Nerven zu enden, wenn man sich jahrelang mit Burroughs und Bukowski beschäftigt?
Wenn man zimperlich ist. Bin ich nicht. Die steinharten Sauereien hat natürlich nicht Bukowski geschrieben, sondern John Updike. Updikes erstes Buch hieß, nebenbei, "Die geschreinerte Henne". Nicht die geschredderte oder gescheiterte, nein - die geschreinerte. So ein Schwachsinn wäre Bukowski nicht einmal im Vollsuff rausgerutscht.

Das war ein Gedichtband. The carpentered hen. Hätte Ihnen ein gezimmertes Hendl besser gefallen?
Sehr witzig. Updikes Sexschilderungen der schmierigsten Sorte stehen übrigens in "Couples". "Ein geschändetes Backhendl", also auf so einen Titel würde ich anspringen!

"Die Abenteuer von Trashman", Ihr neues Buch, handelt vom ersten Aufenthalt in New York, 1968. Was erwartet einen da?
Die krassen Entgleisungen einer Nation, die sich gerade einen Völkermord in Vietnam leistet und politische Morde zu Hause. Der militante Underground und seine Entwicklung von der Spaßguerilla zur Revoluzzer-Truppe, die schießt und bombt. Meine Arbeit an einem modernen Science-Fiction-Western, von Drogen teils beflügelt und teils verhindert. Und meine Ausfälle gegen das beschissene Vaterland, das sich trotz Naziverbrechen als sittlich-moralisches Vorbild inszeniert.

Und wer ist Ihr Publikum?
Die, die übrig sind, wenn man die Anspruchslosen abzieht, die mit dem Papiermüll von Martin Walser und Tommy Jaud schon voll zufrieden sind.

Bukowski: Lyrik mit Huren, Gaunern

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Schattenseite: 40 Bücher hat Bukowski (1920-1994) geschrieben, Gedichtbände und Romane, schwer einzuordnen. Meist werden die Schattenseiten gezeigt. Die Hauptfiguren des Amerikaners mit deutscher Mutter sind Huren, kleine Gangster, Obdachlose. Nahezu alles liegt bei verschiedenen Verlagen auf Deutsch vor. Meist war Carl Weissner der Übersetzer.