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Snow Patrol: Zwischen Terror und Bomben

Die Liebe, die "Unfähigkeit, irgendjemanden - mich selbst eingeschlossen - glücklich zu machen", war bis jetzt das einzige Thema der Songs von Snow-Patrol-Sänger und Songwriter Gary Lightbody. Im KURIER-Interview erklärt der U2-Fan, warum er auf "Fallen Empires" seine Jugend zwischen Terror und fabelhaften Eltern Revue passieren lässt.

KURIER: Sie haben sich bisher strikt geweigert, Politisches in Songs zu verpacken. Warum haben Sie diesbezüglich Ihre Meinung geändert?

Gary Lightbody: Wenn man in Nordirland aufwächst, wird man entweder komplett von der Politik eingenommen oder man entzieht sich dem völlig. Ich habe den zweiten Weg gewählt, weil das andere zu schmerzhaft und zu traurig war. Ein Tag ohne Bombe war die Ausnahme. Erst jetzt, weil ich einige Jahre nicht zu Hause war und die Welt bereisen konnte, kann ich mich dafür interessieren, wie wir als Weltgemeinschaft zusammenleben. Aber ich sehe "Fallen Empires" nach wie vor nicht als politisches Album.

Dann geht es in dem Titelsong "Fallen Empires" nicht um Großbritannien?
Mit "Fallen Empires" meine ich den Verlust der Kindheit, der Arglosigkeit. Der Text ist eine freie Assoziation - wie wenn dir die Schlagzeilen der Weltnachrichten um die Ohren fliegen, du sie aber alle in ihrer Tragweite gar nicht erfassen kannst. Mein Zugang zu politischen Themen ist immer aus humanitärer Sicht. Der rote Faden, der sich durch "Fallen Empires" zieht, sind Erinnerungen an meine Jugend.

Haben Sie damals in Belfast selbst miterlebt, wie Leute aus Ihrer Familie oder Freunde umgekommen sind?
Jeder, der in der Zeit dort aufgewachsen ist, hat das. Aber langsam fühlt sich das nicht mehr wie eine Wunde an, es ist geheilt. Denn Belfast ist ein Ort großer Hoffnung geworden. Wenn man bedenkt, wie es zurzeit in Europa wirtschaftlich zugeht, hat sich Belfast gut gehalten. So ironisch das ist - es ist der einzige Ort Europas, der jetzt aufblüht.

Sie haben die neue CD in Los Angeles aufgenommen. Handelt der Song "The President" von Obama?
Nein. "The President" und "I'll Never Let Go" handeln von zwei Obdachlosen, die ich in Los Angeles getroffen habe. Sie haben mir ihre Lebensgeschichte erzählt und ich habe jedem der beiden einen Song gewidmet. Was ich bei "The President" herausarbeiten wollte, war Folgendes: Amerika war einst das Land der schimmernden Hoffnung, dass jeder alles werden und sein kann. Und jetzt braucht es nur ein kleines Pech, um Menschen obdachlos zu machen.

In "Lifening" singen Sie , wie sehr Sie sich danach sehnen, selbst Kinder zu haben.

Da geht es aber auch um meinen Vater - wie großartig er mich aufgezogen hat. Auch meine Mum hat das, weshalb ich trotz der Situation in Belfast eine gute Kindheit hatte. Aber über meine Mum habe ich schon öfter in Songs gesungen, über meinen Vater jedoch nicht. Es wäre toll, wenn ich Kinder so aufziehen kann wie er mich.

Fragen Sie um Erlaubnis, wenn Sie Songs über Ihre Familie schreiben?

Nein, ich fürchte, sie müssen damit leben, dass ich in der Öffentlichkeit über sie rede. Aber ich habe den höchsten Respekt vor meinen Leuten, sie haben dabei nichts zu befürchten.

Woher kommt Ihre Sehnsucht, Vater zu werden?
Vielleicht liegt es daran, dass ich mit 35 erwachsen geworden bin. Das ist tatsächlich eine Sehnsucht, die ich vorher nie hatte. Ich war immer mit der Band verheiratet, habe da all meine Leidenschaft reingesteckt. Vermutlich haben meine Beziehungen deshalb nicht funktioniert. Ich bin aber auch ständig voll nervöser Energie und wirklich nicht der einfachste Typ für ein Zusammenleben.