Mit Blues, Reggae und Bollywood
Eine Frau kommt heim, hackt ihrem Sohn den Kopf ab, setzt ihm einen Elefantenschädel auf, und er wird zu Ganesh. Das war nur eine der fantastischen Erzählungen aus der indischen Mythologie, mit denen Filmkomponist AR Rahman seine Superheavy-Kollegen im Studio unterhielt. "Es war, als würde er Batmans Erlebnisse nacherzählen", erinnert sich Dave Stewart im KURIER-Interview. "Die Mythen waren so spannend, aber auch so eigenartig, dass wir einen Song darüber schreiben wollten. Aber dann kam das Problem: Wie sagen wir das auf Englisch?" Gar nicht, war der Ausweg. Auf dem Track "Satyameva Jayathe" ließen Stewart, Mick Jagger, Joss Stone und Damian Marley den Schöpfer des Soundtracks von "Slumdog Millionaire" sowohl in Hindi als auch in Sanskrit singen. "Übersetzt bedeutet ,Satyameva Jayathe' ,Die Wahrheit wird sich immer durchsetzen'", erklärt Stewart. "Auf Englisch klingt das blöd, aber die Aussage gefiel uns allen."
Korruption
Eine Überzeugung, die das Kollektiv aber in "I Can't Take It No More", einem Protest gegen Korruption, wieder relativiert. "Der Song entstand, als wir in den Zeitungen wieder einmal Lügen von Politikern gelesen hatten", erklärt Stewart. "Aber auch Korruptionsaffären zeigen doch, dass sich die Wahrheit durchsetzt - sonst hätten wir ja nichts davon erfahren."
Während die Musik in fruchtbaren Jam-Sessions entstand (29 Songs in zehn Tagen), waren Superheavy bei den Texten nicht so kreativ. "Wenn fünf Leute dazu beitragen, ist es schwierig, ein gemeinsames Anliegen zu finden", gibt Stewart zu. "Wir hatten sogar einen Song namens ,Searching For Common Ground', in dem wir das thematisiert haben. "
Fusion Auf das Album kam der nicht. Zweifel an dem völkerverbindenden Charakter des Projekts wollten Superheavy nicht schüren. Obwohl sich ihr Fokus auf die Fusion der Musikstile richtete und in den Texten ähnliche Botschaften auf sozialer Ebene nicht auftauchen.
"Es war ein musikalisches Experiment, das Spaß machen sollte", sagt Stewart. "Ich lebe in Jamaika auf einem Berg über der St. Ann's Bay. Wenn dort die Sonne untergeht, kannst du aus einem Dorf Reggae hören, aus dem anderen Bass-Sounds aus dem dritten einen Blues. Eines Tages hatte ich einen Moment, wo das alles zu einer faszinierenden Sound-Kollage verschwommen ist - und ich glaube nicht, dass das etwas mit Gras oder Ähnlichem zu tun hatte ."
Stewart rief seinen Freund Mick Jagger an, schlug ihm vor, eine derartige Fusion zu versuchen, weil der "genauso verrückt nach Blues und Reggae ist wie ich".
Das Resultat sind zwölf Songs, die hörbar lustvoll eingespielt sind, Spaß machen, aber anstatt einen neuen Sound zu kreieren, in althergebrachten Konventionen hängen bleiben. Selten gehen die verschiedenen Stile eine Symbiose ein, zumeist existieren sie nur fröhlich nebeneinander. Und zwischendurch wirken sie auch krampfhaft zusammengepfercht, nur damit jeder der fünf seinen Part bekommt -, auch wenn das dem Song nicht bekommt.
Minifestival
Stewart gibt zwar zu, dass nur die Songs "Superheavy" und "Unbelievable" eine echte Fusion schaffen, es stört ihn aber wenig. Die Truppe hatte dabei so viel Spaß, dass er schon das nächste Album plant: "Ich kenne Youssou N'Dour und kann mir gut vorstellen, mit ihm zu arbeiten. Oder mit anderen Leuten aus Afrika, China oder Latein-Amerika. Das Projekt ist offen für alles - es könnte sogar ein Minifestival oder ein Film werden."
KURIER-Wertung: *** (von *****)