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Lykke Li: Gestresst vom eigenen Hit

Niemals würde Lykke Li einem Menschen erzählen, was sie in Songs erzählt. Nicht einmal ihren Eltern oder ihrer besten Freundin. "Musik ist niemals voreingenommen und beurteilt mich nicht", erklärt sie im Interview mit dem KURIER. "Deshalb war sie immer schon mein geheimer Freund – der einzige, bei dem ich mich sicher fühlte."

Auf ihrem zweiten Album "Wounded Rhymes" ist der geheime Freund eine einzigartige Symbiose aus wütender Tribal Percussion, aus Chören, schwebenden Orgelklängen und simplen Akkordzerlegungen auf Gitarre oder Piano. Darauf lädt die 26-Jährige Schwedin in einnehmenden Melodien all ihre Sorgen und Sehnsüchte ab.

Auch in der Single "I Follow Rivers", die ihr jetzt den ersten Hit beschert hat – allerdings nicht in ihrer Interpretation. Gecovert von Triggerfinger landete der Song auf Platz eins der Austria Top 40, unterlegt mit Tanz-Beats als "The Magician Remix" illustrierte er die Fußballberichterstattung von Sat 1.

Remix

Die Triggerfinger-Version mag Li. Mit dem Remix aber hat sie ihre Probleme: "Warum muss heutzutage überall ein Beat drunter liegen? Ich versteh’ das nicht", sagt sie. "Warum hat es den Leuten nicht gereicht, wie ich den Song gesungen habe, als der Fokus auf der Story lag, die ich erzählt habe? Die Frage stresst mich schon."

Denn eigentlich ist es Lis Bestreben zur Songwriter-Kunst im Sinne ihrer Vorbilder Neil Young und Leonard Cohen zurückzukehren, "als Songs noch ein Abbild des Lebens waren".

Insofern, sagt sie, sei sie für die unstete Kindheit als Tochter einer Fotografin und eines Musikers dankbar. "Wir waren in Indien und Portugal. Ich war nirgends zu Hause, hatte keine Freunde, fühlte mich ständig allein. Deshalb begann ich auf unserem Klavier Songs zu komponieren."

Mit 19 zog sie nach New York. "Ich hatte zu viele Bücher über Rock-Stars gelesen, die es dort geschafft haben. Ich aber lebte weit draußen in Brooklyn, kannte niemanden, hatte kein Geld, schlief am Fußboden und wurde dann noch ausgebuht, wenn ich Auftritte bekam." Zurück in Schweden arbeitete sie als Altenpflegerin, litt darunter, dass sie nie genug Zeit für die Senioren hatte und schrieb ihr Debüt-Album "Youth Novels".

Doch damit, sagt sie, war sie "noch ein bisschen zu zaghaft", wollte deshalb mit "Wounded Rhymes" rauer werden. Und gerade der Gegensatz zwischen den rhythmisch geprägten, ursprünglichen Klängen und der ständig präsenten Melancholie in Lis Erzählungen machen den besonderen Reiz dieses Albums aus. Da ist die unendlich traurige Ballade "Unrequited Love", die rasende Trommelei von "Get Some", und das verträumte "I Know Places". Und "Sadness Is A Blessing" könnte Lis nächster Hit werden. Das ist Pop, wie er sein soll: zugleich unterhaltend, spannend und emotional.

KURIER-Wertung: **** von *****

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