„Qualitätsmedien sind Stimme der Vernunft gegen die Spaltung“
Raiffeisen sei verlässlicher Partner des KURIER, sagt Eigentümervertreter Erwin Hameseder.
KURIER: Im Portfolio von Raiffeisen NÖ-Wien sind Banken, Lagerhäuser, Lebensmittelkonzerne wie Agrana und Leipnik-Lundenburger. Wie passen denn Medien da dazu?
Erwin Hameseder: Medien sind nicht nur ein interessantes Geschäftsfeld in unserem Beteiligungsportfolio. Unser Engagement in dieser Branche ist vor allem auch Ausdruck unserer gesellschaftlichen Verantwortung, die wir im Zuge unseres genossenschaftlichen Förderauftrags übernehmen.
Betrachten Sie das Engagement auch als eine Art zivilgesellschaftliche Aufgabe?
Wir haben es bei den jüngsten Nationalratswahlen gesehen: Medien sind Motor des gesellschaftlichen und politischen Diskurses. In unserer digitalisierten und trivialisierten Informationsgesellschaft darf mit dieser Verantwortung nicht leichtfertig umgegangen oder diese gar als Spielball missbraucht werden. In Zeiten von „Fake News“ sind informative Schieflagen nicht zu übersehen. Umso wichtiger ist die Rolle von Qualitätsmedien wie etwa des KURIER. Sie sind die Stimmen der Vernunft, die im gesellschaftlichen Meinungsaustausch einer Spaltung entgegenwirken.
Was schätzen Sie am KURIER?
Die konstant facettenreiche, qualitativ anspruchsvolle Berichterstattung – geprägt von einem lösungsorientierten, positiven Journalismus. Die Leistung der Redakteurinnen und Redakteure verdient höchsten Respekt.
Wo mischen Sie sich als Eigentümervertreter im KURIER ein, wo nicht?
Ich habe in meiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender klar definierte Verantwortungen abseits vom operativen Geschäft. Die Eigentümerinteressen und das redaktionelle Tagesgeschäft sind strikt getrennt – Garant für die redaktionelle Unabhängigkeit ist das KURIER-Redaktionsstatut.
Wofür soll der KURIER aus Ihrer Sicht stehen?
Hier geht es nicht um meine persönlichen Vorstellungen, die Blattlinie ist ganz klar Herausgebersache. Die Ausrichtung des KURIER ist transparent im Redaktionsstatut abgebildet und öffentlich auf der Website zugänglich.
Wo oder wie informieren Sie sich eigentlich selbst?
Ich lese täglich den KURIER. Zusätzlich gibt es seit 35 Jahren für mich keinen Samstag ohne KURIER-freizeit. Das Lifestyle-Magazin steht für bunte, spannende und journalistisch qualitative Geschichten und Reportagen.
Sehen Sie die Medienvielfalt in Österreich bedroht?
Der heimische Medienmarkt ist im Umbruch. Die Verlagshäuser sind in den vergangenen fünf Jahren unter anderem aufgrund hoher Papierpreise stark belastet. Zusätzlich sind Werbeeinnahmen nicht zuletzt aufgrund globaler Mitbewerber unter Druck geraten. Digitalkonzerne wie Tiktok, Instagram und Google haben erstmals mehr Werbeeinnahmen als klassische Medien lukriert. Vor diesem Hintergrund verlieren Marktteilnehmer leise an Relevanz oder ziehen sich Schritt für Schritt aus dem Markt zurück. Beides ist demokratiepolitisch besorgniserregend.
Wie steht es aktuell um den Journalismus?
Gerade junge Leser verstehen sich nicht mehr als reine Medienkonsumenten, sie verlangen Interaktion in Echtzeit und die Möglichkeit, aktiv an Diskussionen teilzunehmen. Das Gebot der Stunde in der Medienbranche ist deshalb, weiter mit großer Dynamik die Digitalisierung auszubauen. Unabhängig von allen neuen Entwicklungen muss qualitativer Journalismus auch in Zukunft immer auf der Basis von Relevanz und Verantwortung stattfinden. Seriöse Medien sind das reflektierende Korrektiv in der Gesellschaft. Sie müssen hinterfragen, Zusammenhänge herstellen und damit eine tragfähige Basis liefern, damit sich die Menschen eine fundierte Meinung zu oftmals komplexen Themen bilden können.
Was haben Banken und Medien gemeinsam?
Beide müssen sich der Herausforderung stellen, dass sich das Nutzerverhalten ihrer KundInnen laufend ändert. In den Medien liest man regelmäßig, dass viele Branchen die Digitalisierung verschlafen – ich sehe hier auch Aufholbedarf bei der schreibenden Zunft. Der KURIER hat in den letzten Jahren intensiv daran gearbeitet, sein Geschäftsmodell in Richtung Digitalisierung weiterzuentwickeln. Es ist aber noch viel zu tun.
Hat die Medienpolitik in letzter Zeit die richtigen Schritte gesetzt? Was muss eine neue Regierung hier anpacken?
Mit Blick auf die Zukunft ist die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen zu verbessern, um die heimische Medienlandschaft zu stabilisieren und fairere Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Aktuell sind Medien nicht nur von konjunkturellen Herausforderungen belastet. Zu große öffentlich finanzierte Medien sowie die Dominanz internationaler Tech-Konzerne auf dem heimischen Werbemarkt haben zusätzlich massive Auswirkungen auf Medienunternehmen. Dies alles sind Faktoren, die Österreichs Medienvielfalt bedrohen.
Was ist die langfristige Medienstrategie von Raiffeisen NÖ-Wien?
Raiffeisen ist und bleibt ein verlässlicher Partner und Eigentümer unserer Medienbeteiligungen, weil uns Meinungsfreiheit ein gesellschafts- und demokratiepolitisches Anliegen ist. Dies gilt insbesondere auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten.
Klassische Medien sind in einem schwierigen Transformationsprozess. Wie lang ist der Atem von Raiffeisen NÖ-Wien, diesen zu unterstützen?
Unsere Medienbeteiligung hat einen nachhaltigen und langfristigen Charakter. Ich betone noch einmal, dass der Medienmarkt für uns von großer Bedeutung ist, weil Medien für ein funktionierendes gesellschaftliches Miteinander unerlässlich sind. Zudem vertrauen wir auf das jeweilige Management, das an seinen Ideen und Erfolgen insbesondere bei der digitalen Transformation gemessen wird.
Was wünschen Sie dem KURIER in Zukunft?
Generell: weitere erfolgreiche 70 Jahre! Und konkret: den Mut, Neues, Kreatives anzupacken, um Stammleser auch zukünftig begeistern und neue Zielgruppen gewinnen zu können.