Salzburg: Kulinarische Höhepunkte und stille Plätze im Advent
Salzburg und Umgebung sind Adventklassiker. Trotzdem gibt es noch Ecken, die sich fast unentdeckt anfühlen. Und die Region schmeckt nach mehr als Glühwein.
Barocke Pracht, alpine Landschaften. Und dazwischen immer wieder diese Fülle an gutem Essen und Trinken, die die Stimmung beim Winterdämpfer hebt. Salzburg inklusive der Umgebung ist eigentlich immer eine gute Idee.
Auch im Advent. Und dafür muss man nicht unbedingt Fan des Punschhüttenauflaufs am Domplatz und rundherum sein.
Wer hier lebt, hat natürlich ein paar Geheimtipps parat und verrät sie eventuell auch: zum Beispiel den stimmungsvollen Adventmarkt St. Leonhard bei Grödig am Fuße des Untersbergs. Der ist klein, leise, sehr lokal.
Der Guggenthaler Adventmarkt ist besinnlich
Oder den Guggenthaler Adventmarkt am Wochenende rund um ein Kirchlein mit Girlanden, Feuerstellen und Konzerten. Das ist die richtig besinnliche Variante.
Der Adventmarkt Guggenthal vor den Toren Salzburgs ist eine sehr besinnliche Variante.
©STMG / Stadler Wolfgang/wolfgang stadler/salzkammergut tourismusUnd wenn dem Gemüt partout nicht nach Glühwein oder Punsch ist, hilft eine frühe Runde über den Mönchsberg oder Kapuzinerberg.
Wenn die Stadt gerade erst erwacht, liegt da oben eine Ruhe, die fast surreal wirkt. Klöster, Hotels, Schlösser, alte Wehrmauern: eine Umgebung wie aus dem Wintermärchen.
Wofür das Hotel Blaue Gans in der Getreidegasse steht
Fürs Essen geht’s dann doch wieder ins Herz der Stadt: in die Getreidegasse, genauer gesagt ins Restaurant des Arthotels Blaue Gans. Hier trifft man auf kreative Kombis wie Strudel-Wan-Tan mit Blutwurstfüllung, konfiertes Seesaiblingsfilet mit Oliven und Gnocchi oder geschmorte Rehkeule mit Süßkartoffelcreme.
Ein Blick auf eine Speise im Restaurant des Arthotel Blaue Gans.
©Arthotel Blaue GansDas Motto lautet „Cucina Transalpina“. Und die liegt zwischen Alpen und Lagune. Das hat seine Gründe in der etwas weiter zurückliegenden Vergangenheit: „Seit 1350 ist hier immer etwas los gewesen“, erzählt Eigentümer Andreas Gfrerer.
Salzburg ohne Süden? Unvorstellbar!
Das Haus hieß ursprünglich Aufnerhaus, gehörte einer wohltätigen Familie, die Silber aus den Alpen holte und in Venedig handelte. „Die mussten dann mit venezianischer Ware wieder zurückfahren.“ So kamen Produkte wie Wein, Mandeln, Austern und noch viel mehr nach Salzburg. Auch heute gilt: „Salzburg ohne Süden? Unvorstellbar.“ Selbst auf dem Klo tönt eine sonore Stimme, die Dantes „Inferno“ rezitiert.
Salzburger Nockerln stehen nicht auf der Karte. Aber auch sie werden auf Wunsch zubereitet. „Sie sind schon ein Gefühl von Endlich-wieder-in-Salzburg-Sein.“ Es gebe so etwas wie Pflicht, aber Kür müsse sein.
Gfrerer übernahm in den späten Neunzigern das Haus, das seiner Familie gehörte, die aber das Hotel nicht betrieb. Es war ziemlich abgerockt. Die Frage, die sich ihm stellte: Was kann man von der alten Bausubstanz herzeigen – und was kann man an neuen Dingen einbauen, ohne so zu tun, als seien sie immer hier gewesen?
Stinkefinger in der Glaskugel
Entstanden ist ein Boutique-Hotel mit alter Substanz, neuem Design und mit viel Kunst. Vom Stinkefinger in der Glaskugel über eine Konservendose mit Mozart-Aufschrift bis zur großen Dollarnote mit Großkatze drauf. „Vieles ist sehr persönlich. Dinge, die mir wichtig sind. Freudvolle Ereignisse und Krisen, es ist alles abgebildet.
Das Tolle ist, es weiß niemand außer mir“, sagt er und lacht. „Man muss es nicht so machen, man kann in der Getreidegasse auch anderes machen.“ Doch die Kunst leite sich nun mal von der Kulturträchtigkeit der Stadt ab.
Das Boutique-Hotel Blaue Gans befindet sich in einem seit 1350 bestehenden Haus. Es verbindet alte Substanz mit neuem Design.
©Arthotel Blaue GansGleich in der Nähe, beim Hildmannplatz, eröffnet der Galerist Tassilo Usner übrigens ab 13. Dezember einen neuen Ausstellungsraum mit festen Öffnungszeiten. Gezeigt wird „ultrazeitgenössische Kunst“, inklusive Malerei, Zeichnung, Skulptur und Mischtechniken.
Hellbrunner Adventzauber darf auch sein
Und ja, ein bisschen Weihnachtsüberdrüber darf schon sein. Zum Beispiel beim Hellbrunner Adventzauber im Innenhof von Schloss Hellbrunn. Mehr als 700 Nadelbäume, behängt mit rund 10.000 roten Kugeln und Lichterketten, verwandeln das Areal in eine Art Alpen-Weihnachtsfilm-Set.
Der Hellbrunner Adventzauber ist in der Vorweihnachtszeit ein Muss. Am besten spaziert man über die Schönbrunner Schlossallee dorthin.
©Hellbrunner AdventzauberDie Schlossfassade selbst spielt mit: 24 Fenster werden zum überdimensionalen Adventkalender, jeden Tag eine kleine Inszenierung.
Den Glühwein und die Würstel dort kann man sich brav verdienen: am besten mit einem Spaziergang über die Hellbrunner Allee, die wie eine natürliche Einflugschneise in den Advent wirkt.
Kuriose Fakten. Wussten Sie, dass…
- der Blogger Christof Strauss über 100 verschiedene Mozartkugel-Varianten weltweit entdeckt hat? #
- es 1887 bis 1940 eine Straßenbahn in Salzburg gab?
- im Schatz-Durchhaus der Getreidegasse Werbung aus dem 17. Jahrhundert hängt? Ein Geschäftsmann präsentierte dort einen kleinen Hai und eine Walrippe.
Ein Salzburg-Besuch ohne Bosna wäre unvollkommen. Dieser Snack aus zwei Würsteln im getoasteten Weißbrot, dazu Zwiebeln, Kräuter, ordentlich Curry und meist ein Klecks Senf, ist das Streetfood der Stadt schlechthin.
Hier soll es die originale Bosna geben
In seinem kleinen Stand vis-à-vis vom Schloss Mirabell und Kongresshaus sitzt Gerhard Sailer und mustert die Kundschaft mit milder Skepsis. Gerade hat nämlich jemand eine Junior-Version mit nur einem Würstel bestellt. Sailer winkt ab. „Mach ich nicht“, sagt er trocken. „Die gibt es nur für Kinder.“ Warum? „Weil es nur mit zwei den vollen Geschmack gibt. Wenn du eines willst, kann ich dir einen Hot Dog machen.“
Ein Biss in die Bosna: herzhaft, würzig mit Würsteln.
©Salzer KatharinaDa ist er dogmatisch. Aber der Mann hat einen Ruf zu verlieren: Der Schriftzug „Original BOSNA“ pickt groß auf seinem Stand, und das meint er wörtlich.
Wie bei der Mozartkugel wird bei der Bosna seit Jahrzehnten gestritten, wer sie erfunden hat. Viele verweisen gern auf den Balkan-Grill im Durchgang zwischen Getreidegasse und Universitätsplatz, wo sich schon am Vormittag Schlangen bilden.
Sailer sieht das anders. Die erste Bosna, sagt er, sei 1949 im „Nonstop-Kino-Buffet“ verkauft worden. Das steht für „Best of Snacks“. Warum also „Original Bosna“? Weil Sailer mit dem damaligen Erfinder gemeinsame Sache machte und das Recht erhielt, die Bezeichnung zu führen. „Wenn du die probierst und die anderen, da ist schon ein Unterschied“, preist er seine Bosna an.
„Die Würsteln sind eine eigene Kreation. Das sind keine Bratwürsteln, haben nur zehn Prozent Speckanteil und werden ohne Fett gegrillt“, sagt er über sein Produkt. Und tatsächlich: ausgewogen, intensiv und wärmend. Gerade richtig für den Winter.
Abstecher nach Hallein
Ein Ausflug nach deftiger Stadtgeschichte schadet nicht. Hallein liegt nur ein paar Minuten südlich und wirkt im Winter wie die kleine, pragmatischere Schwester Salzburgs. Sie hat weniger barockes Pathos, dafür Ecken, die nach Salzbergbau und alten Handelswegen aussehen. Ein „Stille Nacht Museum“ gibt es auch, und Komponist Franz Xaver Gruber ist hier begraben. Ein Besuch zahlt sich auf jeden Fall aus. Durchspazieren, auf einen Kuchen in die Viktoria Zuckerbäckerei gehen oder die Guglhof-Brennerei besichtigen.
Die Berge rücken hier eng an den Stadtkern. Die steil abfallenden Felstürme namens Barmsteine erheben sich über Hallein.
Der kleine Barmstein mit dem steil abfallenden Felsturm thront mit seinem Berzgzwilling über Hallein.
©imago/Westend61/imago stock&peopleUnd der Hohe Göll ragt etwas weiter südlich, 2.522 Meter hoch, mit seinen angeschneiten Hängen heraus. Der Göll ist bei Andreas Döllerer mehr als nur ein Berg. Er ist Konzept und Abenteuer zugleich. In seinem Zwei-Sterne-Restaurant in Golling heißt das große Menü „Göllüberquerung“ und bringt eine Masse regionaler Spezialitäten auf den Tisch.
Wie Andreas Döllerer in Golling einen Oktopus interpretiert
Der Spitzenkoch gilt als Wegbereiter der „Alpine Cuisine“, bei der Zutaten aus der alpinen Region verkocht werden. Seine Devise: „Sachen, die sonst keiner macht.“ Aus lang gegarten Achillessehnen eines Rindes entsteht bei ihm Alpiner Oktopus. Die Rote Rübe darf erst im Großglocknersand dehydrieren, bevor sie wieder hydriert wird. Der Saibling kommt in Molkesauce daher. Geschmortes Kraut klingt einfach. Bei ihm aber ist es eine eigene Wissenschaft, gepaart mit einer Beurre blanc.
Andreas Döllerer hat sich in seinem Restaurant zwei Sterne mit lokalen Zutaten erkocht.
©joerg lehmannDöllerer sieht das als „keine Luxusprodukt-Küche. Aber es steckt Hirnschmalz drin.“ Und besonders wichtig: „Solche Teller bleiben länger im Gedächtnis als Hummer- und Kaviar-Orgien.“ Genuss muss sein, aber nicht zulasten der Effekthascherei. Einen Rentierpenis wie in Kopenhagen servieren? Würde er nie machen, sagt Döllerer. Der war grausig.
Zum Start gibt’s kleine Kreationen auf einem Brett in Form des Bundeslandes Salzburg. Es ist eine Hommage an die Region. Dabei war das nicht immer so. Als Döllerer nach Stationen im Ausland zurück zum heimatlichen Wirtshaus und Restaurant in Golling kam, war noble Klassik angesagt. „Wir haben französische Küche gemacht von Wolfsbarsch und Gänselebervariationen.“ Aber: „Irgendwann hat es mir keinen Spaß mehr gemacht.“
So sieht es aus, wenn Andreas Döllerer in seinem Restaurant die alpine Küche aufs Teller zaubert.
©joerg lehmannWas einst begann, um wieder Spannung reinzubringen, ist heute nachhaltig und zeitgeistig.
Aufschnitt von nebenan
Ein Hotel ist dabei – und es ist nach einer „Göllüberquerung“ mit Weinbegleitung auch zu empfehlen. Beim Frühstück gibt es keinen Aufschnitt am Buffet. Für Wurst, Schinken und Käse geht es mit dem Teller in die hausinterne Fleischhauerei.
Wer den Advent in Golling verbringen will: Am 10., 16. und 17. Dezember treten Künstlerinnen und Künstler wie Wolfram Berger oder Gerti Drassl in der gegenüberliegenden Burg auf. Döllerer sorgt für Aperitif davor und Souper im Restaurant oder Wirtshaus danach. Restkarten gibt es (Infos hier).
Kommentare