
Vea Kaisers Kolumne: Gummistiefel statt Schleckeis
Ode an einen Sommer, in dem nicht ins Freibadbecken, sondern in Regenwasserlacken gehüpft wird
Neulich frönten die Bambini und ich unserer neuen Lieblingsbeschäftigung – einem ausgedehnten Regenspaziergang. Mittlerweile sind wir Profis darin geworden, den Elementen zu trotzen! Wir verfügen nicht nur über die richtige Ausrüstung, sondern haben auch das richtige Ankleiden erlernt, damit die Regenhose beim beidbeinigen Sprung in die Wasserlacke nicht verrutscht und eine Durchtränkung der Socken verschuldet.
Wir spazierten also dahin, kontrollierten den heutigen Regenwurmbestand und plötzlich merkte ich: Es war August geworden! Der Sommer war zur Hälfte vorbei und wir hatten noch kein einziges Freibad besucht, dramatisch wenig Eis gegessen und keinen einzigen langen Abend draußen verbracht. Dafür haben die Kinder gelernt, wie man den rechten vom linken Gummistiefel unterscheidet und trotz vor Kälte zitternder Hände Kakaopulver in die warme Milch löffelt.
An diesem sommerlosen Sommer überhaupt etwas Bejubelnswertes zu finden, stellt nach einem zermürbend nasskalten Monat sogar mich – Oberrevidentin am Bundesministerium für Optimismus – vor Herausforderungen. Aber versuchen wir es: Wer arbeiten muss, hat die perfekten Temperaturen dazu. Kinder, die etwas nachzulernen hatten, brillieren darin sicher bereits: Bildungsbräune statt Sonnenbrand!
Alles grünt so grün, wenn die Hortensien wie an Englands Küsten blüh’n! Endlich ist der Grillrost sauber. Überhaupt ist es der Sommer der Schönheit: man erspart sich neue sonnenverursachte Falten, die Bierbäuche, die nicht rechtzeitig badehosentauglich reduziert wurden, bleiben auch versteckt. Ja, so ein sommerloser Sommer ist schon angenehm. Und dennoch komme ich nicht umhin zu hoffen, dass wir, wenn diese Zeilen in einer Woche in ihren Händen liegen, alle endlich unter der Hitze stöhnen. Denn man braucht ja auch Gründe, um sich auf den Herbst freuen zu können.
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