Im Kilt auf der Piste: Wieviel Schottland steckt in Österreich?
Wenn im Frühling wieder im Kleinkarierten über die Pisten gewedelt wird, ist klar: Auf der Turracher Höhe ist Kilt-Skitag.
2025 musste sich die Gummibärenbande am Ende mit dem zweiten Platz begnügen. Das Stiegl Team sicherte sich wie schon im Vorjahr den Sieg.
Auf der Turracher Höhe wird der Abschluss der Wintersaison schon seit einer ganzen Weile mit dem Kilt-Skitag gefeiert – ein Event, das sich selbst nicht allzu ernst nimmt und lieber das Zusammensein feiert. Viererteams in Kilt oder Tracht (ein Muss für die Teilnahme) treten in dieser alpinen Variante der Highland Games an, um sich in verschiedenen Disziplinen zu messen.
Während aber beim schottischen Vorbild Baumstämme, Steine und Hämmer durch die Luft wirbeln, hat der Bewerb hier eigenes Lokalkolorit angenommen. So werden etwa „Zaunringlan“ und Schneebälle geworfen, Maßkrüge gestemmt oder Autoreifen geschleudert.
Turracher Höhe: Gaudi im Kilt
Klein ist das Event, das am 11. April 2026 sein zehntes Jubiläum feiert, nicht.
2025 traten am ersten Samstag im April unter blauem Himmel 50 Teams zum Wettkampf an. Am späten Nachmittag folgte ein Open-Air-Konzert in der Kornock Arena. Passenderweise standen Die Lauser auf der Bühne.
Für die steirische Band „Die Lauser“ gehören Kilts zum Bühnenoutfit.
©Rene KrammerFür die Band, die Partyhits mit Volksmusik verbindet, sind Kilt und Dudelsack fester Bestandteil der Show. Warum die Musiker die Lederhose gegen den Schottenrock getauscht haben?
Das verriet Frontmann Andreas Hinker in einem „Heute“-Interview. Es sei eine Spontanentscheidung gewesen. Man wollte neue Hemden für eine TV-Aufzeichnung kaufen, doch im Geschäft lag ein Kilt, der spaßeshalber anprobiert wurde. Eine folgenreiche Gaudi, die der Band in der Volksmusik- und Schlagerszene Aufmerksamkeit bescheren sollte – und das seit 20 Jahren.
Keine echten Schotten
Auf den ersten Blick ist die Verbindung zwischen Österreich und Schottland nicht offensichtlich – und dort, wo sie vermeintlich besteht, mitunter irreführend. Beispiel? Blickt man auf den Wiener Stadtplan, tauchen dort die Namen Schottentor und Schottenstift auf.
Ersteres bezieht sich auf ein mittelalterliches Tor, das einst entlang der Stadtmauer stand und in Richtung Schottenstift führte. Dieses wiederum war im Jahr 1155 von irischen Benediktinermönchen gegründet worden. Da Irland aber damals noch unter dem lateinischen Namen „Scotia“ bekannt war, hießen die irischen Missionare „Scoti“ bzw. „Schottenmönche“. Erst ab dem 11. Jahrhundert sollte sich die Bedeutung von „Scotia“ verschieben und der Name allmählich auf das heutige Schottland übergehen. Heute findet man das irische Schottenstift auf der Freyung im 1. Bezirk. Vom Stadttor ist nichts erhalten; „Schottentor“ bezeichnet heute einen Verkehrsknotenpunkt mit U-Bahn- und Bim-Stationen.
Mustergültig
Auch etwas undurchsichtig ist die Sache mit dem Tartan, dem gewebten Karo, das man auf einem Kilt sieht. Er ist eng mit den schottischen Highlands verbunden. Vor allem ab dem 17. Jahrhundert wurde er zu einem Teil schottischer Identität.
Die Ursprünge reichen aber weiter zurück und liegen rund 7.000 Kilometer entfernt: Der bisher älteste gefundene, tartanähnliche Stoff stammt aus Xinjiang in Westchina und wird auf 1500 v. Chr. datiert. In Mitteleuropa wurden ebenfalls derartige Textilien entdeckt, die rund 300 Jahre jünger sind. So auch 2004 in einem keltischen Salzbergwerk in Hallstatt.
Damals attestierte die US-Amerikanerin Elizabeth Wayland Barber, spezialisiert auf prähistorische Stoffe, „allgemeine Ähnlichkeiten“ mit den heutigen schottischen Tartans, bis hin zum „typischen Stoffgewicht“. Der Hauptunterschied sei aber, dass die schottische Variante weitaus komplexer gestaltet sei. Was gesagt werden kann: Die Technik, durch Kreuzen unterschiedlich gefärbter Fäden geometrische Muster zu erzielen, ist sehr alt und wurde in verschiedenen Kulturen unabhängig entwickelt. In Schottland aber wurde die Idee des einfachen Karogewebes perfektioniert. Es entstanden kunstvolle Tartans, aufgeladen mit sozialer Bedeutung. Je nach Muster und Farbgebung lassen sich die Stoffe zum Beispiel Clans, Regimentern oder Regionen zuordnen.
In Österreich haben die regionalen Funde aus der Keltenzeit den Schneider Thomas Rettl inspiriert. Sein Familienunternehmen stellte vor einiger Zeit den ersten Kärntner Kilt vor. Das in den Landesfarben gestaltete Kleidungsstück erregte viel Aufmerksamkeit – als Mode-Statement und neuer Ausdruck Kärntner Identität. Vereinzelt meldeten sich damals aber auch kritischere Stimmen in Bezug auf kulturelle Authentizität und kommerzielle Nutzung traditioneller Elemente. Mittlerweile ist der Kärntner Kilt aber als Tracht anerkannt.
Weltoffener Kilt
Als ganzjährig tragbares Kleidungsstück gibt es jedenfalls in Österreich auch im Sommer eine weitere Möglichkeit, den Kilt in einer Gemeinschaft aus Gleichgesinnten auszuführen.
Wetterfest
Jedes Jahr findet im Mölltal die Alpenkiltwanderung – 2026 zum 13. Mal – statt. Vom Campingplatz in Obervellach ging es z.B. 2025 in die Groppensteinschlucht (Etappe 7 des Alpe-Adria-Trails). Entlang des Weges: Wasser, das sich tosend über Felsen stürzt, Stromschnellen und kleine Wasserfälle bildet. Ein Anblick, der ähnlich mystisch ist wie so manch schottischer Landstrich. Wie beim Kilt-Skitag steht auch beim Wandern der Spaß im Vordergrund. Denn eine Sache scheint gewiss: Ein Kilt bringt jede Gesellschaft in Schwung.
Kilt-Skitag: 11. April 2026. 2025 betrug die Teilnahmegebühr pro Teammitglied mit Skipass 94 €, ohne Skipass 48 € (www.turracherhoehe.at).
Alpenkiltwanderung: 27. Juni 2026, Kosten: 47 € für Frühbucher bis 1. Juni 2026 (Ticket inkl. u.a. Eintritt in die Schlucht, Live-Musik, Proviant für die Wanderung, Spiel- und Spaßstationen.) Kinder/Jugendliche frei bis zum 15. Lebensjahr (visitmoelltal.at/kiltwanderung)
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