Vea Kaisers "Fabelhafte Welt": Die Liebesaufteilung

Porträt von Vea Kaiser mit dunklen, gewellten Haaren und einem sanften Lächeln.
Warum die Vielfalt die Welt liebenswert macht – und warum es nicht egal ist, wer was liebt
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Der Nikolaus hat den Bambini Kinderscheren und Klebstoff gebracht, damit sie ihre Wunschzettel erstellen können. Unser Esstisch ist seither das Bastelhauptquartier, und zuweilen bin ich unschlüssig, was ihnen so eine Freude macht: Wünsche zu visualisieren, die Arbeit mit scharfem Werkzeug oder die Schwimmhäute zwischen ihren Fingern, bestehend aus Kleber, Bröseln, Papierresterln und Hundehaar.

Ernst diskutieren sie die Kataloge und besprechen, wem was gefällt, wobei sie einen Grundsatz verfolgen: Niemals dürfen zwei Mitglieder unserer Familie das Gleiche mögen. So reagierte mein Vierjähriger auf die manische Zuneigung des Zweijährigen zur Feuerwehr mit Interesse an der Polizei. Mein liebstes Einsatzfahrzeug muss die Müllabfuhr sein, dem Dottore Amore wurde die Rettung zugeteilt.

"Mama, wer ist dein Lieblingsdinosaurier?", fragten sie, doch meine Antwort "Stegosaurus" missfiel ihnen. "Ich mag den Stegosaurus", sagte der Kleine. "Mama, du kannst den Triceratops lieben", entschied der Große. "Denn den T-Rex liebe ich." So ging es zwei Spielzeugkataloge lang, bis ich verstand: Meinen Söhnen geht es nicht darum, sich durch verschiedene Geschmäcker zu profilieren, sondern darum, dass sie die Welt als liebenswert vielfältig wahrnehmen.

Sie sehen so viel, was man gut finden muss, dass sie zumindest die Liebe unserer Familie möglichst breit verteilen wollen. Meinem Mann wurde abends mitgeteilt: "Papa, du liebst jetzt den Velociraptor." "Das ist doch dieser grausliche gefiederte Dino mit den scharfen Klauen und den spitzen Zähnen!", protestierte mein Mann. "Genau, Papa, und den liebst du", entschied mein Sohn. Denn in der (besseren) Welt meiner Kinder hat sogar ein fieser Raubsaurier Liebe verdient.

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