Vea Kaisers "Fabelhafte Welt": Verzweiflungserzeugung
Warum Herbstwanderungen geeignet sind, Diskussionen darüber auszulösen, was Wochenendentspannung bedeutet
Mittlerweile bin ich eine Meisterin darin, neapolitanische Männer zum Verzweifeln zu bringen. Eine Auswahl der besten Taktiken: Man zwingt sie bei Kälte außer Haus. Man lässt sie nicht ans Steuer. Man kocht die Pasta zu lange. Man beleidigt Diego Maradona. Doch den größten Nervenzusammenbruch zweier Neapolitaner verursachte ich neulich ungewollt:
Wir waren mit einer befreundeten Familie wandern, und ich übersah die Abzweigung auf den familienfreundlichen Weg hinauf zum Gasthof. Stattdessen führte ich meine Partie lange durchs Tal, bis wir vor einem steilen Trampelpfad standen, der zwar zu unserem Ziel führte (und nur drei Minuten dauerte), aber nicht mit Kinderwägen befahrbar war. Die andere Mami war in Oberösterreich aufgewachsen und fackelte nicht lange. Wir beschlossen, die Kleinen bergauf zu tragen und die Kinderwägen stehen zu lassen.
In den Gesichtern der Papis erblühte das Entsetzen: Dieser Weg war doch viel zu steil für Kinder! Man konnte doch keinen Buggy im Wald zurücklassen! Herbstlaub ist rutschig! Und was, wenn es am Rückweg dunkel würde! Als wäre ein Staudamm gebrochen, ergoss sich eine neapolitanische Flutwelle der Empörung über uns – vermutlich hatte sie sich schon seit dem Aufbruch angestaut. Und wieder einmal wurde ich daran erinnert, dass es etwas sehr Österreichisches ist, Herbstwanderungen als erholsam zu betrachten.
Unsere braven Vierjährigen stapften los, wir Frauen trugen die Kleinen, und obwohl die Familienväter überzeugt waren, der Trampelpfad führe ins Verderben, erreichten wir die Hütte und später wohlbehalten unser Zuhause. Genau das sorgte für das größte Entsetzen: dass solche Waldexpeditionen funktionieren – und jederzeit wiederholt werden könnten.
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