Vea Kaiser.

Vea Kaisers "Fabelhafte Welt": Große Männer allein zuhaus

Warum auch spätnachts geöffnete Supermärkte das Leid der Zurückgelassenen nicht mindern

Neulich saßen der Dottore Amore und ich endlich mal wieder abends zusammen. Seit dem Erscheinen meines Buches verbringe ich die Abende damit, daraus vorzulesen oder vor Erschöpfung mit den Kindern einzuschlafen. Ich berichtete von schönen Erlebnissen auf Tour, dann davon, was mich nervte: "Ständig werd ich gefragt, wo meine Kinder sind!"

Gerade wollte ich ihm erklären, warum ich das ungerecht finde – und zwar, weil männliche Autoren nie gefragt werden, wo denn ihre Kinder seien –, doch sofort ärgerte er sich: "Das ist eine Frechheit, das geht gar nicht!" Ich war überrascht, wollte sein feministisches Verständnis loben, doch er sagte: "Das ist selbstverständlich, dass du deine Kinder bestens versorgt weißt, wenn du beruflich unterwegs bist."

Ehe ich ihn beruhigen konnte, fügte er hinzu: "Aber niemand fragt nach dem Hund und nach mir!" – "Wie bitte?" – "Die Kinder genießen das Großelternparadies, du lässt dich feiern, der Hund und ich sind ganz allein. Wäre schon schön, wenn irgendjemand danach fragen würde, wie es uns geht!" Er berichtete von langen Spaziergängen durch die kalte Nacht zur Tankstelle, deren Mini-Supermarkt zum primären Ort der Verpflegung meiner zwei "Großen" wurde.

Mir lag der Hinweis auf der Zunge, dass es dem Hund und ihm doch gut ginge! Ich sah die Hundehaare auf meiner Bettseite, und nur wenige Österreicher haben einen bis Mitternacht geöffneten Mini-Supermarkt in der Nähe. Dann besann ich mich darauf, dass es nie hilft, wenn man zu einer Sache, die einen betrübt, gesagt bekommt, sie solle einen nicht betrüben. Ganz egal, ob Mann oder Frau – manchmal möchte man Aufmerksamkeit und Lob. Also sagte ich: "Ihr zwei seid sooo tapfer!" Das machte zwar nicht alles gut, aber besser.

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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