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Kult-Schauspieler Kyle MacLachlan: "Ruhm ist nicht für ewig“

Der Ex-„Twin Peaks“-Star über die Serie „Fallout“, seine Freundschaft mit David Lynch und wie der Erfolg ihn verändert hat.

Es ist nicht leicht, schlau zu werden aus Kyle MacLachlan. Er spielte in so unterschiedlichen Filmen wie „Showgirls“ und „Hamlet“, in bombastischen Serienerfolgen wie „Sex and the City“ und natürlich in den Werken des düsteren Regiemeisters David Lynch: „Blue Velvet“ oder „Twin Peaks“, denen MacLachlan seinen mysteriösen Charme verlieh. Jetzt hat er mit der Serie „Fallout“, nach der gleichnamigen Videospielreihe, wieder einen Hit gelandet. 

219 Jahre nach einem Atomkrieg, der die Welt in postapokalyptisches Ödland verwandelt hat, leben die einen in Bunkern, die anderen sind Mutanten oder müssen in der rauen, neuen Welt überleben. So wie Lucy (Ella Purnell), die ihren entführten Vater sucht, gespielt von MacLachlan. In der zweiten Staffel (Start: 17.12. auf Amazon Prime ) geht die Reise vom Ödland der Mojave-Wüste bis in die Stadt New Vegas. Action und Geheimnisse garantiert. Im Video-Interview sitzt er vor einem Kamin in seinem Haus. Er ist gut frisiert und gut gelaunt.

Sie haben viele unvergessliche Charaktere gespielt – von „Twin Peaks“ bis zu „Sex and the City“. Wie hat sich Ihre Sichtweise auf das Mysterium Erfolg im Laufe Ihrer langen Karriere verändert?

Ich habe mich besser an das Auf und Ab als Schauspieler gewöhnt. Das hat lange gedauert. Es gab Zeiten, in denen ich viele Rollen bekommen habe, und Zeiten, in denen das weniger der Fall war. Dabei habe ich immer versucht, mir trotzdem nicht zu viele Sorgen zu machen und mich von der Unsicherheit nicht überwältigen zu lassen. Das hat das Leben mich gelehrt und war Teil meiner Reise und meiner Entwicklung als Mensch. Deshalb fühle ich mich heute viel wohler in meiner Haut. Das heißt aber nicht, dass die Angst komplett verschwunden ist, denn Unsicherheit gibt es immer. Ich habe mich an sie gewöhnt. Sie gehört einfach zum Geschäft.

Schauspieler Kyle MacLachlan

Hollywoodstar Kyle MacLachlan: „Es ist wichtig, sich keine allzu großen Sorgen zu machen, wenn das Interesse an einem nachlässt“

©Amazon MGM Studios

Wenn es einmal gut läuft, gehört auch das Berühmtsein dazu. Wie denken Sie heute über den Ruhm?

Was ich gelernt habe ist: Ruhm ist nicht für ewig. Es gibt Zeiten, in denen man beliebter ist und dann plötzlich wieder weniger beliebt. Das ist eine Kurve, die mal rauf und dann wieder runter geht. Im Moment zeigt die Kurve bei mir gerade wieder nach oben, was toll ist. Aber sie wird sich so gut wie sicher wieder senken, damit muss man sich anzufreunden lernen, das ist wichtig.

Sind Sie nervös geworden, wenn es einmal nicht so gut gelaufen ist?

Ich habe einen 17-jährigen Sohn, eine Familie zu haben, beruhigt mich sehr. Es ist wichtig, sich keine allzu großen Sorgen zu machen, wenn das Interesse an einem nachlässt. Man muss das einfach akzeptieren. Es gibt so viele Variablen in der Welt, damit muss man leben lernen. Es ist ein Zeichen dafür, dass es Zeit ist, sich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren. Dann erschafft man etwas Wunderbares, das hoffentlich positiv aufgenommen wird und wieder zu mehr Aufmerksamkeit führt. Aber das schwankt.

Die erste Staffel von „Fallout“ wurde als seltenes Beispiel für eine gelungene Videospieladaption gelobt. Was ist das Geheimnis für diesen Balanceakt?

Es ist wichtig, das Spiel zu respektieren, aber zugleich die Geschichte so zu erzählen, dass sie auch begeistert, wenn man kein Fan des Spiels ist. Dafür muss man die Dynamik dieser Welt einfangen, die Beweggründe ihrer Figuren ,und dass man sich damit identifizieren kann. Nicht zuletzt braucht es interessante Helden und Schurken und komplizierte Verwicklungen. All das ist den Autoren außergewöhnlich gut gelungen.

Schauspieler Kyle MacLachlan in "Fallout"

Endzeitstimmung: Kyle MacLachlan in der Serie "Fallout"

©Courtesy of Prime

Wie haben Sie die Reaktionen des Publikums wahrgenommen?

Die eingefleischten „Fallout“-Fans waren zunächst zurückhaltend und etwas besorgt. Als die Serie sich dann aber weiterentwickelt hat, waren sie größtenteils echt glücklich darüber, dass wir es geschafft haben, eine Welt nachzubilden, die sie lieben.

Sie selbst sind kein Gamer. War es herausfordernd für Sie, in diese Welt mit seiner treuen Fangemeinde einzutauchen?

Ich bin den Autoren der Serie einfach blind gefolgt. Sie sind wirklich tief in diese Welt eingetaucht, haben diese wunderbaren Charaktere geschaffen, die in der Welt von „Fallout“ existieren würden. Wir haben sie nur reichhaltiger und realistischer gemacht. Deshalb hatte ich nie Bedenken, wie die Fans auf unsere Adaption des Spiels als Serie reagieren würden. Ich habe immer daran geglaubt.

Man könnte „Twin Peaks“ und „Fallout“ eine gewisse Nähe unterstellen: Der amerikanische Albtraum, durch verschiedene Filter betrachtet.

Das ist eine sehr schlaue Beobachtung. „Twin Peaks“ hat den Vibe der Fünfzigerjahre, und dann passieren schreckliche Dinge. „Fallout“ reflektiert diese Zeit auch. Beide Serien handeln von Dingen, die versteckt werden. Andere Motivationen, als vorgegeben werden, sind am Werk. Und bei beiden existiert Böses von übermenschlicher Natur, das verborgen ist und nicht offenbart wird. Das entdecken wir aber erst.

Schauspieler Kyle MacLachlan

Kyle MacLachlan: „Was die  Komödie betrifft, haben Monty Python mich beeinflusst. Aber am meisten geprägt hat mich natürlich David Lynch“

©Amazon MGM Studios

In Ihren Arbeiten ist immer ein schwarzer Humor spürbar, der auch mal ins Komödiantische kippt. Sehen Sie das auch so?

Was die Komödie betrifft, haben Monty Python mich stark beeinflusst. Dieser schwarze Humor hat mich immer angesprochen. Aber am meisten geprägt haben mich natürlich David Lynch und die dunklen Welten, die er kreiert hat. Dennoch ist selbst bei „Twin Peaks“ stets ein Funke Humor zu spüren. Man merkt, dass man über etwas lacht, und dieses Lachen ist vielleicht nicht unangemessen, aber überrascht einen. Das hat David mit Absicht gemacht. Auch bei „Blue Velvet“ gab es Leute, die den ganzen Film durchlachen mussten, und andere, die ausgeflippt sind und verstört das Kino verlassen haben.

War David Lynch ein fröhlicher oder ein trauriger Mensch?

Die Außenwelt, also die reale Welt, in der er lebte, war von Fröhlichkeit bestimmt, aber seine Innenwelt, aus der er seine Kreativität schöpfte, war fasziniert von Abgründen. Dennoch war er in der Lage, Licht in diese Dunkelheit zu bringen. Er konnte das kontrollieren. Wenn man über etwas lachen kann, macht es einem weniger Angst. Das hat mich sehr beeinflusst.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schrieb für 110%, das Sport- und Lifestyle-Magazin von Die Presse. Seit 2020 Redakteur der KURIER Freizeit mit Reportagen, Kolumnen, Texten zu Kultur, Gesellschaft, Stil, Reise und mehr. Hunderte Interviews, von Beyoncé und Quentin Tarantino über Woody Allen und Hugh Grant bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio sowie in der deutschsprachigen Kulturszene. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Liebt Kino, Literatur und Haselnusseis.

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