Naomi Campbell schwört auf "Omad"-Diät: Ist das gesund?
Bei der Omad-Diät gibt es nur eine Mahlzeit am Tag, Das soll positive Effekte auf den Körper haben. Ein Ernährungsexperte sieht das anders.
Von Miriam Eichhorn-Zachariades
Supermodel Naomi Campbell wurde als Model-Ikone der 90er weltberühmt. Um ihre Figur zu halten, schwört die 55-Jährige seit Jahrzehnten auf eine besonders rigorose Methode: Omad, eine besondere Form des Intervallfastens, bei der nur einmal am Tag gegessen wird.
Glaubt man Anhängern der Omad-Methode, soll sich die 23-stündige Nahrungspause positiv auf den Stoffwechsel auswirken, die Konzentration steigern und dabei helfen, das Gewicht zu optimieren. Aber stimmt das auch? Wie gesund ist es für den menschlichen Organismus, nur einmal am Tag zu essen? Das verrät Matthias Riedl, Ernährungsmediziner und ärztlicher Leiter des Medicums Hamburg.
„One meal a day“, kurz Omad, ist eine Extremform des intermittierenden Fastens. Während beim bekannten 16:8-Modell innerhalb eines Zeitraums von acht Stunden gegessen wird und man 16 Stunden fastet, nimmt man bei der Omad-Variante nur einmal am Tag innerhalb eines Zeitraumes von maximal einer Stunde eine Mahlzeit zu sich.
Neben Naomi Campbell schwören auch andere Prominente wie Twitter-Mitgründer Jack Dorsey, Coldplay-Frontmann Chris Martin und ein wachsender Kreis von Fitness-Influencern auf die Methode. Omad soll nicht nur helfen, Gewicht zu verlieren, sondern auch Entzündungs- und Alterungsprozesse hemmen und die Insulinsensitivität verbessern. Der radikale Rhythmus bringe Körper und Geist zudem in einen klaren und leistungsstarken Modus, heißt es. Nur: Belegt ist das alles bislang nicht. Riedl beobachtet den Trend mit Skepsis: „Intermittierendes Fasten kann grundsätzlich durchaus gesundheitliche Vorteile mit sich bringen, besonders im Hinblick auf Gewichtsreduktion und Insulinsensitivität“, erklärt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Omad sei jedoch eine sehr radikale Form, bei der das Risiko für Mangelernährung und Stoffwechselprobleme deutlich steige. Denn dauerhaft ließen sich weder Nährstoff- noch Energiebedarf mit einer Mahlzeit pro Tag decken. Auch Essstörungen könnten die Folge sein.
Zwar greift der Körper beim intermittierenden Fasten auf gespeichertes Fett zurück, wodurch man tatsächlich Gewicht verlieren kann. Allerdings können auch Muskeln abgebaut werden, vor allem wenn die Proteinzufuhr nicht ausreichend ist. Auf Dauer kann die geringe Nährstoffzufuhr beim Omad-Fasten auch dafür sorgen, dass der Körper in einen „Hungerstoffwechsel“ gerät. „Der Stoffwechsel fährt dann herunter. Das begünstigt wiederum das Entstehen eines Jojo-Effekts und erschwert das Abnehmen in der Zukunft, wenn man wieder öfter als einmal pro Tag isst“, erklärt Riedl.
Hinzu kommt: Da bei Omad eine einzige Mahlzeit den Tagesbedarf an Makro- und Mikronährstoffen decken soll, müssen auf einen Satz große Mengen gesunder Nahrung auf einmal verspeist werden. Riedl rechnet vor: „Man müsste sich 500 Gramm Gemüse, 150 bis 200 Gramm Obst, 30 Gramm Ballaststoffe, 45 bis 70 Gramm Eiweiß und rund 60 bis 65 Gramm Fett zuführen – und das aus möglichst vielen unterschiedlichen Lebensmitteln, um auch alle Mikronährstoffe zu erwischen.“ Für viele sei das schlichtweg eine zu große Menge auf einmal. Auch die Verdauung leidet. Denn wer in kurzer Zeit so große Mengen isst, überfordert Magen und Darm. Typische Folgen sind Magenschmerzen, Verstopfungen oder Blähungen.
Während es zur Wirksamkeit des klassischen intermittierenden Fastens mittlerweile etliche Studien gibt, ist die Studienlage zu Omad bisher extrem dünn. „Es gibt schlichtweg noch keine aussagekräftigen Studien dazu“, sagt Riedl. Ob sich die positiven Effekte des Fastens also auf diese Extremform übertragen lassen, sei unklar.
Sicher ist dagegen: Wer langfristig nur einmal pro Tag isst, riskiert eine Nährstoffunterversorgung: mit Mikronährstoffen, wie Eisen, Zink, Magnesium, B-Vitaminen und Calcium, aber auch mit Protein. Besonders kritisch ist das für Menschen mit einem erhöhten Nährstoffbedarf, wie Schwangere, Kinder, ältere Menschen oder chronisch Kranke. Für sie ist Omad absolut ungeeignet.
Zwar berichten manche Menschen, die Omad ausprobieren, anfänglich von mehr Energie oder Klarheit im Kopf. Doch häufig kehrt sich dieser Effekt nach einigen Wochen ins Gegenteil: Müdigkeit, Reizbarkeit und Kopfschmerzen können auftreten. Wer Omad dennoch ausprobieren möchte, dem rät Ernährungsexperte Riedl, die Methode maximal zwei bis drei Wochen zu testen. Voraussetzung dafür: Man muss gesund sein, um eine so restriktive Ernährungsweise unbeschadet durchzuhalten. Das heißt: keine Vorerkrankungen, normales Gewicht, kein erhöhter Nährstoffbedarf, keine Medikamente.
Auch körperlich fitte Menschen stoßen mit Omad jedoch schnell an ihre Grenzen. Denn eine Mahlzeit pro Tag liefert selten genug Energie für körperliche und geistige Leistungsfähigkeit über den gesamten Tag. Vor allem Frauen sollten vorsichtig sein, da sie durch ihren hormonellen Zyklus empfindlicher auf Kalorienrestriktionen reagieren können. „Wer Beschwerden wie Schwindel, Kopfschmerzen oder Verdauungsbeschwerden bekommt, sollte sofort abbrechen“, rät Riedl.
Dennoch plädiert Riedl grundsätzlich für Nahrungspausen. „Unser Körper braucht diese Pausen, um gesund zu bleiben.“ Zu extrem sollten sie aber nicht sein.
Kommentare