Fröhliche Weihnachten: Warum Sextoy-Adventkalender beliebt sind
Paar-Toys erleben einen Aufschwung. Für viele gelten sie als unkomplizierter Weg, Neugier und Leichtigkeit ins Liebesleben zu bringen.
Gut, dass die Zeiten passé sind, in denen Vibratoren in diversen Katalogen als „Massagestab für rosige Wangen“ angeboten wurden. Höchster Diskretionsalarm – man tat so, als gehe es um Gesichtspflege, obwohl das Gerät in Wahrheit eher tieferliegende Regionen durchbluten sollte. Lange her. Heute ist die Erotikbranche größer, lauter und so sichtbar wie nie, der Dezember hat sich zum inoffiziellen Hochamt der vibrierenden Konsumfreude entwickelt. Oh du Fröhliche! Wer braucht schon Schokolade, wenn er 24 kleine Silikonüberraschungen haben kann – und jede davon verspricht mehr Spaß als die beste Hollywood-X-Mas-Schmonzette im Kino.
Der Boom der Sextoy-Adventkalender kommt also nicht von ungefähr. Die globale Erotikindustrie erwirtschaftet inzwischen Milliarden Dollar, die Nachfrage steigt kontinuierlich. Kein Ende des Surrens, Summens und Spielens in Sicht. Laut Umfragen nutzen über 60 Prozent der Frauen und fast die Hälfte der Männer Sexspielzeug – und zwar nicht nur solo, sondern zunehmend auch in Beziehungen. Der Markt für Paar-Toys ist der eigentliche Senkrechtstarter: u-förmige Vibratoren, Wearables, Fernsteuerung per App, dazu Accessoires, die man früher nur hinter Vorhängen in Spezialshops fand und heute im Paketshop abholt, ohne mit der Wimper zu zucken.
Gerade in Langzeitbeziehungen können Toys eine spielerische Leichtigkeit zurückbringen. Sie schaffen Anlass für Gespräche, für gemeinsames Lachen, für Neugier – und manchmal für Nähe, die man gar nicht durch das Toy selbst, sondern durch die gemeinsame Entscheidung erlebt, etwas auszuprobieren.
Ein Extra, das viel verändern kann
Damit ist das alte Narrativ dahin, dass Sexspielzeug ausschließlich zum Solovergnügen gedacht sei. Eh auch, aber nicht nur. In vielen Beziehungen sind Toys heute das, was Gewürze beim Kochen sind: kein Ersatz für die Grundzutaten, aber ein Extra, das manchmal erstaunlich viel verändern kann. Allerdings nur, wenn man nicht glaubt, ein Vibrator könne Beziehungsprobleme lösen. Wer das hofft, glaubt wahrscheinlich auch, dass ein Weihnachtsbummel die Scheidungsrate senken könnte.
Sexualtherapeutinnen wie Ann-Marlene Henning, die unlängst im Magazin Stern über Paar-Toys sprach, erinnern seit Jahren daran, dass Technik keine Intimität ersetzt. Sie kann Impulse geben, Lust variieren, Fantasie anregen – aber nicht Nähe herstellen, wenn die im Alltag verloren gegangen ist. Vergisst man das, landet man schnell in der Falle unrealistischer Erwartungen: Man kauft ein Hightech-Gerät, hofft auf das Comeback der Leidenschaft und stellt dann fest, dass vor allem die Batterie besonders leistungsstark ist. Das Gerät vibriert wie ein Presslufthammer, aber die Beziehung bleibt auf Sparflamme.
Interessant ist, wie zwiespältig wir in Wirklichkeit mit dem Thema umgehen. Die Adventkalender mit Penisringen, Minivibes und BDSM-Light-Accessoires verkaufen sich wie Lebkuchen im Supermarkt. Gut so. Gerade in Langzeitbeziehungen können Toys eine spielerische Leichtigkeit zurückbringen. Sie schaffen Anlass für Gespräche, für gemeinsames Lachen, für Neugier – und manchmal für Nähe, die man gar nicht durch das Toy selbst, sondern durch die gemeinsame Entscheidung erlebt, etwas auszuprobieren. Also: Ein Sextoy ist kein Rettungsboot. Aber manchmal ein sehr gutes Ruder. Und gelegentlich ein Stimmungsaufheller, der den gewissen Glow bringt.
Sextoys
Laut einer Studie im Journal of Sex Research wird die Nutzung moderner Sextech immer verbreiteter, ist aber vor allem in Bezug auf Männer stigmatisiert. Sie werden bei der Verwendung von Toys deutlich „ekelhafter“ bewertet als Frauen, besonders, je menschenähnlicher das Gerät ist. Frauen empfinden generell mehr Ekel als Männer. Die Forschenden sprechen von einem sexuellen Doppelstandard, der Männer für Sextech-Nutzung stärker bestraft.
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