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Teilen in der Ehe: Was bedeutet Halbe-Halbe wirklich?

Zwei Anwälte, zwei Ansichten, eine Rechtslage: Das Wiener Duo erzählt Geschichten aus seiner Ehe, beantwortet Fragen, die uns im Alltag beschäftigen, erklärt, was vor Gericht zählt – und wie er oder sie die Causa sehen.

Von Mag. Carmen Thornton & Mag. Johannes Kautz

Der Fall: Halbe-Halbe ist ein Maßstab, an dem man sich messen sollte. Doch selbst Paare, die um Gleichberechtigung bemüht sind, scheitern an den Hürden des Alltags. Spätestens mit der Geburt der Kinder macht sich rasch die Erkenntnis breit: Der Versuch, die Verantwortungen in allen Belangen hälftig zu teilen, ist zum Scheitern verurteilt. Johannes hat bis heute keine Ahnung, wo im Haus manche Dinge zu finden sind, wie die Pädagoginnen oder Freunde unserer Kinder heißen und er fragt mich jedes Jahr am 24. Dezember kurz vor der Bescherung, was „wir“ den Kindern eigentlich schenken. Und meine Bereitschaft für Halbe-Halbe endet bei Gartenarbeiten, Reparaturen und überhaupt bei sämtlichen Arbeiten, die mit Schmutz oder körperlicher Anstrengung verbunden sind. Dafür fühle ich mich schlicht nicht zuständig. Schafft das Gesetz, was wir im Alltag nicht schaffen? Und was bedeutet Halbe-Halbe eigentlich genau?

Mag. Carmen Thornton

Eine Ehe bedeutet Teilen. Das ist im Gesetz so vorgesehen. Die Ehepartner treffen umfassende Beistandspflichten und sie sollen ihre Beiträge zur Erwerbstätigkeit, Haushaltsführung und Kindererziehung einvernehmlich und ausgewogen gestalten.

Das bedeutet zwar nicht, dass jeder exakt gleich viel Erwerbsarbeit und Care Arbeit leisten muss. Doch die Ehepartner sollen sich die Aufgaben gerecht aufteilen. Und die Verpflichtung, im Haushalt mitzuhelfen, gilt auch für den vollzeitbeschäftigten Ehepartner, selbst wenn der andere nicht berufstätig ist. Wer nur das Geld heimbringt und sich im Haushalt und an der Kindererziehung überhaupt nicht beteiligt, begeht also eine Eheverfehlung. Die Ausrede, dass man in der Arbeit unabkömmlich ist, zählt nicht. Auch eine Vereinbarung, bei der sich die Frau verpflichtet, nur Hausfrau und Mutter zu sein und keine eigene Berufstätigkeit auszuüben, ist unwirksam.

Auch in finanziellen Belangen gilt, dass man gemeinsam wirtschaftet – und daher auch teilen muss. Der haushaltsführende oder schlechter verdienende Ehepartner hat einen Unterhaltsanspruch. Damit niemand zum Bittsteller degradiert wird, kann der Unterhalt auch während aufrechter Ehe jederzeit in Geld eingefordert werden. Bei der Höhe der Unterhaltspflicht wurde der Grundsatz Halbe-Halbe aber nicht konsequent umgesetzt. Als Unterhalt steht nicht die Hälfte, sondern nur ein Drittel des Einkommens des berufstätigen Ehepartners zu. Verdienen beide, hat man Anspruch auf 40 % des Familieneinkommens, das eigene Einkommen ist allerdings anzurechnen. Bei weiteren Sorgepflichten, z. B. für die gemeinsamen Kinder, gibt es Abschläge.

Eine Frau im roten Kleid lehnt an einer Wand in einem Bürogebäude.

Carmen Thornton ist Rechtsanwältin in Wien.

©Thornton & Kautz Rechtsanwälte

Vermögen im Scheidungsfall

Im Scheidungsfall wird das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen 50/50 geteilt, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, wer wie viel verdient hat. So kann es vorkommen, dass der Vorstand eines Unternehmens nicht nur die eheliche Villa, sondern auch die Aktienanteile, die er zusätzlich zu seiner Vorstandsvergütung als Boni bekommt, mit seiner Ex-Frau teilen muss, deren Talente eher im Geldausgeben als im Geldverdienen lagen.

Umgekehrt muss auch die erfolgreiche Ärztin, die nebenbei auch noch einen Teil des Haushalts und der Kinderbetreuung geschultert hat, das erwirtschaftete Vermögen mit ihrem Mann teilen, der nach einer Selbstfindungsphase beim AMS landet. Nur in Ausnahmefällen sprechen die Gerichte einem Ehepartner einen etwas höheren Anteil zu.

Unterhaltspflicht

Und selbst wenn man nach der Scheidung die Hälfte des Vermögens abgeben musste, ist es mit dem Teilen unter Umständen noch nicht vorbei. Denn der besserverdienende Ehepartner wird unterhaltspflichtig, wenn die Ehe aus seinem Verschulden geschieden wird. Das ist sicherlich gerechtfertigt, wenn einer für die Ehe alles aufgegeben hat, den anderen in seiner Karriere unterstützt hat und sich dadurch nicht selbst erhalten kann. Wenn eine Ehe nur kurz gedauert hat oder man einen Partner hat, der sein Potenzial einfach nicht ausschöpft, ist es aber ungerecht.

Das Gesetz sollte nicht nur Ansporn sein, sich genau zu überlegen, wen man heiratet, sondern auch Anreize schaffen, den Partner bereits von Anfang an in seinem Beruf zu unterstützen und zu schauen, dass beide finanziell auf eigenen Beinen stehen. Damit vermeidet man nicht nur ein mögliches K. O. bei der Scheidung, sondern kommt auch der Umsetzung des Halbe-Halbe-Prinzips recht nahe.

Mag. Johannes Kautz

Ich gebe zu: Der Versuch, einen Überblick über die schulischen und privaten Aktivitäten der Kinder zu bewahren, gleicht bei mir einem Blindflug bei Nacht und Nebel. Und die Auswahl der passenden Geschenke für alle möglichen Anlässe zählt ebenfalls nicht zu meinen Kernkompetenzen. Aber Halbe-Halbe bedeutet auch nicht, dass jeder immer genau dasselbe macht. Damit ist auch keinem geholfen, denn die mentale Belastung wird dadurch nicht weniger, das Konfliktpotenzial aber umso höher. Der Sinn der Sache ist, sich gegenseitig zu entlasten, indem jeder seine Fähigkeiten einbringt und bestimmte Aufgaben bzw. Verantwortungsbereiche übernimmt. Das ist nicht nur im Privatleben so.

Ein Mann im Anzug lehnt an einer Wand in einem Bürogebäude.

Johannes Kautz ist Rechtsanwalt in Wien.

©Thornton & Kautz Rechtsanwälte

Auf Augenhöhe – auch beruflich

Auch die Wirtschaft beruht auf dem Prinzip der Arbeitsteilung. Es ist sinnvoll, Ressourcen und Know-how zu bündeln, um Synergien zu nutzen – zum Vorteil für beide Partner. Zwei Personen gründen eine GmbH, um gemeinsam eine Geschäftsidee zu verwirklichen. Der eine hat die Visionen, der andere das Kapital. Zwei Unternehmen, die eigentlich in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, schließen sich zu einem Joint-Venture oder einer Arbeitsgemeinschaft zusammen, weil sie das geplante Projekt nur gemeinsam realisieren können. Zwei Ärztinnen gründen eine Ordinationsgemeinschaft, um die Kosten zu senken.

So unterschiedlich diese Konstellationen auch sind: Bei der Gewinnverteilung kommt es darauf an, wie hoch die Partner den Wert ihrer Beiträge einschätzen. Halbe-Halbe funktioniert nur, wenn sich beide auf Augenhöhe begegnen und den anderen als gleichwertigen Partner akzeptieren. Das ist in Beziehungen und in geschäftlichen Partnerschaften die Gretchenfrage.

Der große Unterschied liegt in den rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Paare haben die Wahl zwischen der Ehe und einer Lebensgemeinschaft. Wer sich für die Ehe entscheidet, wird sich mit dem Teilen anfreunden müssen. Sind die Beiträge der Ehepartner von Anfang an sehr unterschiedlich oder zieht der eine irgendwann davon, wird dieses Ungleichgewicht bei der Scheidung nicht unbedingt ausgeglichen. Und auch mit einem Ehevertrag lassen sich nicht alle Ansprüche ausschließen.

Partnerwahl ist entscheidend

Im Wirtschaftsleben hat man nicht nur die Wahl zwischen unterschiedlichen Gesellschaftsformen, man kann auch festlegen, wer welche Beiträge leistet und den Gewinnanteil vom Umsatz der Gesellschafter oder anderen Faktoren abhängig machen. Auch die Rechtsfolgen der Kündigung und des Ausscheidens eines Gesellschafters können – in gewissen Grenzen – vertraglich festgelegt werden. Eine OG eröffnet zudem die Möglichkeit, zwischen Kapitalgesellschaftern und reinen Arbeitsgesellschaftern zu unterschieden. Und bei der KG können die Kapitalgeber als Kommanditisten ihre Haftung begrenzen, während die unbeschränkt haftenden Gesellschafter die Geschäfte führen. Wer die Gewinne nicht teilen möchte („You eat what you kill“), kann die Partnerschaft darauf beschränken, dass nur bestimmte Kosten gemeinsam getragen werden.

Unterschiedlich große Beiträge müssen im Wirtschaftsleben also nicht unbedingt zu einer Schieflage werden. Doch nicht alle Streitigkeiten lassen sich so vermeiden. Denn die beste Vertragsgestaltung kann nicht verhindern, dass sich die Erwartungen nicht erfüllen und es zu persönlichen Enttäuschungen kommt. Der Grundstein für eine stabile Partnerschaft ist daher die richtige Partnerwahl.

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