Tradition 2.0: Handwerk meets Design

Tradition 2.0: Handwerk meets Design
In dritter Generation leitet Knud Erik Hansen das dänische Designhaus Carl Hansen & Søn. IMMO traf ihn zum Interview.

Der Name Carl Hansen & Søn steht seit über 100 Jahren für dänisches Handwerk. Wie schafft man es als Traditionsmarke auch die nächsten Generationen anzusprechen?
Knud Erik Hansen:
Es ist sehr lustig zu beobachten: Oft kommen junge Menschen in unsere Geschäfte und sagen: Wir wollen jeden Sessel, außer den "Wishbone Chair" - den haben unsere Eltern und Großeltern gehabt, wir wollen etwas anderes. Dann spazieren sie herum auf der Suche nach einer Alternative und fragen schließlich: Gibt es den Wishbone auch in Weiß? - dann nehmen wir sechs Stühle.

Tradition 2.0: Handwerk meets Design

Spielt Farbe eine so große Rolle?
Ja, das ist heutzutage ein ganz wichtiger Faktor! Vor zehn Jahren haben wir nur rund zwei Prozent unserer Möbel bemalt, der Rest war einfach naturbelassen. Im letzten Jahr haben wir zum 60. Jubiläum des "Wishbone-Chair" 12 neue Farben eingeführt. Damit wollten wir zeigen, dass der Sessel immer noch der hochwertigste, modernste Esszimmer-Stuhl ist, den man bekommen kann. Obwohl das Produkt schon so alt war, explodierten die Verkaufszahlen. Es ist fantastisch, dass man ein so alt eingesessenes Modell nehmen kann, nur die Farbe ändert und plötzlich die junge Generation ausgeflippt.

Handwerk und modernes Design sind für Sie also kein Widerspruch?
Nein, gar nicht. Ich lebe zum Beispiel in einem Haus, das 1670 errichtet wurde. Es ist großteils mit unseren eignen Möbelstücken eingerichtet und das passt wunderbar. Man kann die Produkte aber auch in sehr modernen Kontexten verwenden, wo sie sehr vornehm und stylish wirken. Sie passen eigentlich überall, auch in Kombination mit Stücken aus anderen Stil-Epochen.

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Vor zehn Jahren haben Sie die Leitung des Unternehmens von Ihrem Bruder übernommen. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
In der Firma haben sich viele Dinge getan. Mein Bruder hat das Unternehmen auf eine komplett andere Art und Weise geführt. Ich glaube nicht, dass er es falsch gemacht hat, er hatte einfach andere Ansprüche. Er hat nicht die Initiativen ergriffen, um das Wachstum der Firma zu fördern - ich bin da genau das Gegenteil. Ich mag es, wenn das Unternehmen floriert, wenn sich Dinge positiv entwickeln. Deshalb ist die Firma heute auch zehn Mal so groß, wir haben eine neue Fabrik in Dänemark und sind auf dem neuesten Stand der Technik. Auch unsere Exportquote liegt heute bei rund 80 Prozent - 2002 waren es im Vergleich drei bis vier Prozent.

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Hat sich auch die Designwelt in den letzten Jahren gewandelt?
Auf jeden Fall! Wir haben verschiedene Stadien der Entwicklung durchgemacht. Jetzt bewegen wir uns in eine Richtung, wo den Menschen die Umwelt am Herzen liegt. Dinge, wie emissionsarme Produktion oder Wiederverwertung von Abfällen werden auf der ganzen Welt immer wichtiger.

Ist man heutzutage bereit für hochwertige Stücke mehr Geld auszugeben?
Ich denke schon. Das kann man sehr gut in den USA oder im Fernen Osten beobachten. Dort gibt es eine Mittelschicht, die sich nicht einen Sessel oder Tisch kauft, weil sie diesen benötigt, sondern weil sie etwas Hochwertiges besitzen möchte, das schön anzuschauen ist. Es geht nicht mehr darum, irgendein Produkt zu haben. Die Dinge haben für die Menschen wieder einen gewissen Wert.

Zur Person: Knud Erik Hansen

Tradition 2.0: Handwerk meets Design

1908 gründete Carl Hansen das Familienunternehmen Carl Hansen & Søn im dänischen Odense. Die hohe Qualität der gefertigten Möbel und die über 60-jährige Zusammenarbeit mit dem Designer Hans J. Wegner machten die Möbelmanufaktur bekannt. Seit zehn Jahren leitet Knud Erik Hansen in dritter Generation das Traditionshaus. Klassiker wie der "Wishbone Chair" aus dem Jahr 1950 werden bis heute gefertigt.
www.carlhansen.com

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