Sehnsuchtsorte in den Bergen
Für das Ehepaar Kerima und Markus Theune liegt das Glück am Katschberg im Salzburger Land. Rund die Hälfte des Jahres verbringen die beiden in einem umgebauten ehemaligen Gasthaus auf 1800 Metern Höhe, das zum Faulenzen geradezu einlädt: Zum Beispiel mit einer großen Matratzenlandschaft und der gemütlichen Ofenbank, die ebenso wie Eschenküche und Zirbenbetten von heimischen Handwerkern gefertigt wurden. Überall treffen hochwertige Möbelstücke auf Secondhand-Teile, trifft Traditionelles auf Exotisches. Irakische Teppiche, einen chinesischen Tisch, balinesische Geweihe, syrische Bilder und Lampen und vieles mehr brachten die Theunes von ihren Reisen mit.Das Paar lebt durch und durch umweltbewusst, energiesparend und autark. Nicht nur die Bauweise ist ökologisch, selbst einen Föhn sucht man vergebens.
„Strom wird nicht für Eitelkeit vergeudet“, sagt Kerima. Fast überraschend schlicht gestaltet ist das hauseigene Badezimmer, während Markus gemeinsam mit seinem Bruder gehobene Wellness- und Spa-Anlagen entwickelt. Wichtig war ihm unter anderem die Qualität des Holzes für die Sauna, das er eigens aus Russland auf den Katschberg bringen ließ. Der Hotspot unter freiem Himmel bietet einen atemberaubenden Ausblick auf die Berglandschaft.
Die Unternehmer Rafaela und Peter Hoeck-Domig verbringen ihre Zeit gerne in einem Chalet im Schweizer Oberwallis. Im Winter ist der Aufstieg beschwerlich, doch immer bietet die Hütte ideale Voraussetzungen, um zu entspannen: bei Wanderungen, auf dem mit blauem Jeansstoff überzogenen „Lümmelsofa“, zwischen Decken, Fellen und Teelichtern.
Sehr viel einfacher geht es bei Bruno Netzer zu. Der Alpinist, der im Tiroler Oberland für die Instandhaltung der Wege sorgt, lebt in seiner 24 Quadratmeter kleinen Hütte in der Pfundser Tschey mit Waschtrog vor der Türe. Während er am Berg gerne alleine ist und Texte für seine Auftritte als Laienschauspieler übt, schätzt er in seiner zweiten Heimat Pfunds die Geselligkeit und das Zusammensein mit der Familie. Fast wie ein Museum mutet die Hütte des Ehepaares Däscher in Davos Frauenkirch in Graubünden an. Das ursprüngliche Leben, das einst der Maler Ernst Ludwig Kirchner auf 1850 Metern über Frauenkirch suchte, findet man nach wie vor. Es gibt kein fließendes Wasser, Möbel und Ofen stammen noch aus Kirchners Zeit. Zu den wenigen Erneuerungen gehören Solarzellen. Heute kommen die Dräschers nur noch hin und wieder auf die Hütte, manchmal kommen Übernachtungsgäste vorbei.
Wer sich den Traum von der eigenen Berghütte nicht erfüllen kann oder will, mietet sich ganz einfach ein. Den Gästen von Johanna Fink-Settari dient das kubisch geformte Haus im Südtiroler Briol ebenso wie ihr selbst als Rückzugsort. In der Pension stört nichts die Ruhe, weder Radio noch Fernsehen oder WLAN. Stattdessen genießt man den wunderbaren Blick auf Bergwiesen und Nadelwälder, in die sich das Haus perfekt einfügt. Ein „Gesamtkunstwerk der Neuen Sachlichkeit und alpiner Bauarchitektur“, schreibt Schindler über das Haus in Bad Dreikirchen.
Auf eine Ziegenalpe im italienischen Tessin verschlug es gar den Ex-Banker Pietro Zanoli. Nach seinem Ausstieg machte er sich als Hirte selbstständig und bewirtschaftet heute zwei Betriebe: im Sommer lebt er oben auf dem Berg, im Winter auf einer weiter unten gelegenen Hütte. Seine Familie ist zumeist an den Wochenenden und in den Ferien bei ihm. Viel Komfort gibt es in beiden Häusern nicht, aber unendlich viel Luxus, erklärt Zanoli: „Der wahre Luxus ist die Abwesenheit von Luxus. Die Reduktion auf das Wesentliche macht frei.“ Das eint auch alle Hütten – die einen an Schlichtheit kaum zu übertreffen, andere sehr großzügig ausgestattet: „Überall wurden wir in einer guten Atmosphäre, mit Freundlichkeit und Offenheit empfangen, weg von jeder hektischen Oberflächlichkeit“, sagt Schindler. „Dieses Bei-sich-Sein ist immer rübergekommen.“
Buchtipp
Knesebeck, € 34,95,www.knesebeck-verlag.de
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