Auf der Suche nach spektakulären Museen wird man in England, Deutschland und den Niederlanden fündig. Architektonische Highlights warten auch in Vorarlberg und Niederösterreich.
Längst gelten Museen als ebenso kunstvoll wie die Gemälde und Skulpturen, die in ihnen ausgestellt werden. Der Bau eines solchen Gebäudes erlaubte Architekten nämlich schon immer, Ungewöhnliches umzusetzen. Das soeben eröffnete Vorarlberg Museum in Bregenz treibt das auf die Spitze. So gibt es dort einen Raum, in dem überhaupt nichts ausgestellt wird – sondern nur der Blick nach draußen inszeniert wird.
Neue Museen In Vorarlberg, England, Deutschland und den Niederlanden
„Der Panoramaraum ist mit schwarzen Textilien ausgekleidet. Sämtliche Nebengeräusche werden dadurch ausgeblendet. Es gibt nur ein großes Fenster, das den Blick auf den Bodensee freigibt“, sagt Stefan Abbrederis von Cukorwicz Nachbaur Architekten.
Das Prinzip, auf das sich die Baukünstler berufen, haben sie sich vom Guckkasten eines Fotoapparates abgeschaut. „Der Raum ist ausstellungsfrei. Alle Sinne sind auf den See fokussiert.“
Ausgangspunkt war ein denkmalgeschütztes Gebäude, das nicht abgerissen werden durfte. Der zum See gerichtete Altbau wurde deshalb um ein Geschoß aufgestockt und an der gegenüberliegenden Seite um einen Zubau und eine neue Fassade erweitert. „In vielen Punkten, etwa bei der Raumhöhe, hat uns der Bestand eingeschränkt. Die Schwierigkeit war, an jeder Stelle nahtlos anzuknüpfen“, sagt Abbrederis. Damit Alt- und Neubau zur Einheit verschmelzen konnte, setzten die Architekten auf fugenlose Übergänge und einen einfärbigen Anstrich.
Die Fassadengestaltung wiederum verfolgt gleichzeitig einen künstlerischen Effekt und kehrt den Sinn des Vorarlberg Museums nach außen: „Ein Landesmuseum ist ein Gefäß, in dem alle Schätze des Landes gesammelt werden“, sagt der Architekt. Tonschalen, die im alten Museum ausgestellt waren, haben die Planer zur Gestaltung der Außenhaut inspiriert: Weil die Schalen schon zur Zeit der Römer zu Tausenden produziert wurden, haben die Gestalter nach einem Äquivalent unserer Zeit gesucht. Dabei sind sie auf die PET-Flasche gestoßen. „Sie sind Gefäß und Massenprodukt zugleich. Wir haben Matrizen mit Negativdrucken der Flaschenböden angefertigt und mit Beton ausgegossen,“ verrät Stefan Abbrederis.
Kunst und Architektur liegen auch in England nah beisammen: Der diesjährige Serpentine Pavillon in London ist ein offener Raum – oder vielmehr ein filigranes Klettergerüst. Für die Konstruktion hat der Japaner Sou Fujimoto Stahlrohre gebogen und übereinandergestapelt. Es kann bis Mitte Oktober besichtigt werden, dann wird es wieder abgebaut. An eine mittelalterliche Festung erinnert hingegen das Kunstmuseum Ravensburg. Der massive Ziegelbau wurde heuer als das weltweit erste Passivhaus-Museum mit dem deutschen Architekturpreis ausgezeichnet.
Das Rijksmuseum in Amsterdam hat unterdessen eine innere Runderneuerung erhalten: Zehn Jahre lang wurden die prachtvollen Säle umgebaut und saniert. Das Ergebnis, zu dem auch ein spektakuläres neues Entree zählt, kann man seit April bestaunen. Um die Gestaltung einer Eingangshalle ging es auch in Niederösterreich: Für das Freilichtmuseum in der 1000-Seelen-Gemeinde Niedersulz bauten ah3 Architekten ein zweigeschoßiges Gebäude, das auf dem Hang oberhalb des Museums steht. Schon beim Betreten fällt der Blick durch ein 24 Meter langes Fenster auf die Dächer der historischen Häuser. In der oberen Etage sind das Foyer, ein Shop und ein Restaurant mit Terrasse untergebracht. Über das Untergeschoß erfolgt der Zugang zum Freilichtmuseum. Die Fassade ist in Anlehnung an landwirtschaftliche Nutzbauten mit schwarz lasierten Holzbrettern verkleidet: „Es wirkt wie ein Passepartout: Die dunkle Fassade ist wie ein Rahmen für das Museum und tritt in den Hintergrund“, sagt Karl Gruber von ah3 Architekten. Spätestens seit den 1990er-Jahren haben sich Museumsbauten als Sehenswürdigkeiten etabliert. Als Wegbereiter für diese Entwicklung gilt der US-Amerikanische Architekt Frank Gehry, der mit dem Guggenheim-Museum in Bilbao den Tourismus im Baskenland kräftig ankurbelte. Seit der Eröffnung im Jahr 1997 strömen Kunst-Interessierte aus aller Welt an die nordspanische Küste um den mit Titanplatten verkleideten Kunsttempel zu besichtigen. Bis heute gilt der Koloss in Bilbao als eines der beeindruckendsten Bauwerke unserer Zeit. Doch auch andere Städte haben interessante Museumsbauten zu bieten.
Mit Klassikern wie dem Centre Pompidou in Paris oder dem Solomon R. Guggenheim in New York wurde schon in den 1950er- und 60er- Jahren begonnen, Architektur als Erlebnis zu vermarkten. Ebenso gelten neuere Museen als Publikumsmagneten. Etwa das MAXXI in Rom von Zaha Hadid, bei dem frei schwebende schwarze Treppen die Fassade zieren. Oder das Jüdische Museum in Berlin, dem der Star-Architekt Daniel Libeskind die Form eines geborstenen Davidsterns verpasste. Die Liste ließe sich – quer über den Globus – noch lange fortsetzen. Die Beispiele aus Vorarlberg und Niederösterreich machen allerdings deutlich, dass sich zeitgenössische Museumsarchitektur nicht nur in Metropolen realisieren lässt. Auf der Suche nach markanten Kulturbauten wird man auch in kleinen Städten und ländlichen Gemeinden fündig.
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