Hans Weiss: Biogärnter der ersten Stunde

Steinschalerhof Pielachtal, Hans Weiss, (c) Axel N. Halbhuber
Seit 25 Jahren lebt Hans Weiss auf 50.000 m² Garten. Er ist ein Pionier des Naturgärnterns.

Der Garten ist zu voll. Es fehlen die erdbraunen Flächen zwischen den geraden Reihen, wie man es aus ordentlichen Beeten gewohnt ist. Hier ist der Boden von durchgängiger Vegetation bedeckt. Auf jedem Fuzerl wächst was.

So will Johann Weiss das auch. Der 67-Jährige aus dem Pielachtal im Mostviertel (NÖ), der sich selbst als Hans vorstellt, war vor 25 Jahren ein Naturgarten-Pionier. Damals sattelte er nach dem Studium der Technischen Mathematik und etlichen Jahren als Informatiker auf den elterlichen Bauernhof um. Und widmete sich der Idee des nachhaltigen Gartens. Was damals noch nicht einmal als künftiger Trend erkennbar war.

Hans Weiss: Biogärnter der ersten Stunde
Steinschalerhof Pielachtal, Hans Weiss, (c) Axel N. Halbhuber

Ohne Torf

"Es war genau das, was ich machen wollte. Also haben wir begonnen, nach gewissen Grundsätzen zu arbeiten." Wer Naturgarten sagt, meint zu allererst: keine Chemie, kein Kunstdünger, kein mineralischer Dünger. "Und kein Torf, aber darüber brauche ich gar nicht reden", sagt der Bio-Pionier Weiss.

Heute ist der Trend zu schonender, nachhaltiger und artenreicher Gartenpflege längst ein Geschäftszweig. Und geht über diese Grundsätze hinaus. Aber Naturgarten ist kein Dogma, sondern Lebenshaltung. Sagt auch der Hans: "Es ist wie mit einer Ziegelmauer. Fehlt ein Ziegel, stürzt sie nicht ein. Aber die meisten Bausteine müssen schon passen." Dann ist das System in Balance.

Die Saisonlüge

Vor gut 20 Jahren übernahm Weiss das Hotel Steinschalerhof dazu und damit eine Bühne für seine Naturgärten. Überall in seinen mittlerweile vielfältigen Hotels liegen Infoblätter und Prospekte zur "freien Entnahme": "Die Mischkultur" oder "Nützlingsfreundliche Gärten" oder "Bodenpflege". Die Naturgärten Steinschalerhof, die sich über rund 50.000 erstrecken, dienen heute vor allem der "Versorgung der Hotels. Wir wollen hier bio und saisonal sein, und so weit wie möglich nur frische Ware haben." Wie immer bei nachhaltigem Denken hat das logische Folgen. Vor allem erwähnt Weiss immer wieder, wie wichtig es ist, Ressourcen zu schonen. "In unserer Gegend werden etwa Spargel, Karotten und Erdbeeren in bester Bio-Qualität angeboten. Also brauche ich das nicht anbauen, das bekomme ich ja eh." Problem sei eher, dass die Gäste "nicht auf ‚saisonal‘ gepolt" sind. Damit nennt Weiss einen Haken des modernen Grün-Bio-Gardening-Trends: So sehr viele mittlerweile Selbstgezogenes, Bauernmärkte und Biozeug mögen, fehlt bei der Saisonalität oft die Konsequenz. Wer will schon von November bis Mai quasi nur Erdäpfel und Rüben essen, was in unseren Breiten normal wäre. Solche Sorgen kosten Experten wie Weiss nur ein Lächeln: "Dem kann man entgegenwirken. Wir haben einen Folientunnel mit 700 Anbaufläche. Außerdem muss man nur konsequent einkochen und die richtigen Pflanzen für seine Region auswählen." Dann habe man auch im Winter Grünzeug im Garten.

Mulchen ist der beste Dünger

Hans Weiss: Biogärnter der ersten Stunde
Steinschalerhof Pielachtal, Hans Weiss, (c) Axel N. Halbhuber

Es greife eben alles ineinander, wie bei der Mauer, erklärt Weiss, während er durch seinen Garten führt. Mal hierher zeigt, mal von jenem Blatt abbeißt – "Gut für das Herz" – mal von jener Blüte kostet – "für den Kreislauf", irgendwo eine Handvoll Unkraut ausreißt und gleich auf den Boden wirft – "Mulchen ist der beste Dünger" – und stolz seine Teiche herzeigt – "habe ich selber angelegt, die waren alle zugeschüttet, wo sieht man heute noch so wunderbare rote Unterwasserwurzeln von Linden?" Er setze vor allem mehrjährige, winterharte Pflanzen, die selbstaussäend sind. "Mangold etwa, oder bestimmte Salatsorten. Die Frage ist immer, was passt hierher." Biodiversität ist nicht nur gut und richtig, sondern auch wichtig. "Wenn einmal etwas bei der Ernte ausfällt, ist etwas anderes da." Die andere Frage ist der Aufwand. "Im Naturgarten geht es zu 99 Prozent um Arbeitszeit, sonst brauche ich nicht viel. Als Betriebsmittel im Jahr zwei Schaufeln, einen Rechen und alle fünf Jahre eine Scheibtruhe." Saatgut brauche er kaum.

Das saubere Beet

Die Gartenführungen mit dem Ex-Pionier sind gefragt, aber nicht immer friktionsfrei. "Oft muss ich den Menschen erklären, warum es hier so ‚ausschaut‘, wie sie sagen. Wir bringen ja auch Küchenabfälle in den Beeten aus." Weil Mulchen ja der beste Dünger ist. Also liegen Eierschalen zwischen den Schnittlauchbüscheln und Grünschnitt verrottet zwischen den Kräutern. "Wir bringen biogene Masse in entsprechender Qualität aus. Das sieht natürlich anders aus, als man es von den Exerzierfelder der Gärtnereien kennt. Daran werden wir gemessen."

Die größte Herausforderung bei dieser Art der Pflanzerei ist die Planung, gibt Weiss jedem Hobbygärtner mit. "Ich lerne auch nach 25 Jahren dazu. Jeder Garten ist Dynamik." Dagegen zu kämpfen, ist sinnlos. Man muss damit arbeiten. "Wenn ich weiß, dass der Rucola Blattläuse hat, sobald es heiß wird, brauche ich ja nicht zu spritzen. Sondern ernten, bevor es heiß wird."

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