Als der Mensch die Natur zähmte

Als der Mensch die Natur zähmte
Welches Volk den Gartenbau erfunden hat, wer zu den Garten-Muffeln gehörte und andere Grün-Geschichten.

Sie waren bereits bei den Pyramiden? Kennen die kahle Wüste rundum? Dann werden Sie es kaum für möglich halten, dass die Pyramiden zu Zeiten der Pharaonen von üppigen Gartenanlagen umgeben waren. Das Ufer des Nils von Gizeh am Delta bis nach Abu Simbel an der heutigen Grenze zum Sudan war damals ein einziger Garten. So ist es in Papyri und auf Wandmalereien nachzulesen.

Im alten Ägypten findet sich auch erstmals professioneller Gartenbau – in Form von Gemüsegarten-Parzellen. Mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem konnten die tiefer gelegenen Abschnitte mit Wasser versorgt werden. Nahe der Pharaonen-Residenz gediehen groß angelegte Obstbaumgärten, die der Versorgung dienten, aber auch Abbild von Macht waren.

Nahrungsquelle, Rückzugsort mit religiösem Touch, Repräsentationsfläche oder Erholungs- und Entspannungsort – die Funktionen des Gartens sind und waren vielfältig. In einigen Kulturen nahm der Garten eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft ein, Werte und Ansichten spiegelten sich. Alles begann, weil der Mensch sesshaft wurde und sich mit Zäunen, Mauern und Gräben vor den Gefahren "da draußen" schützen wollte. "Der Garten ist die äußere Hülle des Menschen", sagt die Landschaftsarchitektin Maria Auböck. "Garten und Haus sind eine uralte Einheit. Es hat sie wohl schon immer und überall gegeben." Zum Gärtner wurden wir, weil wir die Natur beherrschen wollen, sagen Anthropologen.

Gartenchronisten

Weil der Garten, der die Menschen versorgte, der Aufmerksamkeit der Chronistin nicht würdig war, kennt man nur die Geschichte herrschaftlicher Gärten, die mit dem legendären persischen König und Feldherren Kyros II. vor etwa 2500 Jahren beginnt. Er ließ in jedem seiner Paläste einen Garten (altpersisch Paradaidha = Paradies) als Ort der Kontemplation errichten.

Der erste botanische Garten der Menschheitsgeschichte aber entstand wohl 500 Jahre früher – in der sagenumwobenen Stadt Babylon, auf dem Gebiet des heutigen Iraks. Die Hängenden Gärten der Semiramis – ein etwa 30 Meter hohes Bauwerk aus gestuften Gartenterrassen – zählen zu den sieben Weltwundern der Antike. Unter den Terrassen befanden sich Räume und Gänge. Die Dachbegrünung ist also nicht etwa eine Erfindung der Neuzeit. "Das gab es wohl auch schon immer", glaubt Auböck.

Komischerweise hatte der Garten beim Kulturvorreiter Griechenland keinen großen Stellenwert, hier waren es zumeist kleine ungepflegte Nutzgärten für den Eigenbedarf, die in den Poleis verbreitet waren. Von Ziergärten oder öffentlichen Gartenanlagen ist nicht die Rede. Vielleicht waren die alten Griechen zu sehr mit Kriegshändeln beschäftigt, vielleicht war in ihren dicht besiedelten Städten schlicht kein Platz. Die Griechen waren jedenfalls Garten-Muffel. Die Landschaftsarchitektin Auböck, die auch Expertin für historische Gärten ist, hat eine viel differenziertere Erklärung dafür: "In Griechenland war die Topografie ganz anders, da fand man schon in der hügeligen Natur Schutz und Geborgenheit und musste sich nicht in Gärten abschotten."

Die bürgerliche Gartenkultur in Österreich geht über Umwege übrigens auf die Römer, die große Gärtner waren, zurück: In der Renaissance erblühten Gärten in Nord- und Mitteleuropa. Bei der Gestaltung der privaten Hausgärten im 15. und 16. Jahrhundert griff man auf Vorbilder aus der römischen Antike zurück. Und auf die Gartenkunst in den Klöstern des Mittelalters.

Und heute? Landschaftsarchitektin Auböck: "In Zeiten des Klimawandel wird der eigenen Garten als Urlaubsdomizil wohl noch viel wichtiger werden."

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