Der Neue würde nie kopieren

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Der Schweizer Alfredo Häberli wurde in den erlesenen Kreis der Vitra-Designer aufgenommen. Mit IMMO sprach er über seinen ersten Entwurf für die Traditionsmarke.

Sie sind das neue Kind in der Vitra-Famlie. Wie fühlt sich das an?
Alfredo Häberli: Ja, stimmt, grauhaarig, aber das neue Kind. Ich muss sagen, ich bin noch immer sehr berührt vom Entwurf und von den Reaktionen - die waren durch die Bank positiv. Ich habe 25 Jahre gewartet, bis ich mir den Traum erfüllen konnte, endlich einen Stuhl für Vitra zu machen. So lange kenne ich Rolf Fehlbaum schon und bin mit ihm befreundet. Es ist schon etwas Spezielles, für Vitra etwas zu machen. Was mich noch mehr überrascht, ist, dass ich der erste Schweizer bin, der überhaupt für diese Schweizer Firma gearbeitet hat. Das war auch für Rolf eine Überraschung, als wir das festgestellt haben.

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Wie schwer ist es, gerade für ein Unternehmen wie Vitra einen Stuhl zu entwerfen?
Alfredo Häberli: Es ist insofern schwierig, als das Unternehmen eines der strengsten Testverfahren hat, das es gibt. Das ist deshalb so, weil sie einen weltweiten Vertrieb haben und es in jedem Land verschiedene Gesetze gibt.Und dann ist da natürlich der Anspruch, den Vitra hat, mit der ganzen Geschichte von Eames oder Prouvé - damit ist die Latte schon zusätzlich hochgelegt.

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Wie kam es zum neuen Entwurf "Jill"?
Alfredo Häberli: Ich habe mir den Katalog von Vitra angeschaut und das Bedürfnis gehabt, einen Holzstuhl zu machen. Das habe ich Rolf erzählt und wir haben uns relativ schnell geeinigt, dass es etwas aus Sperrholz sein könnte. Für die Ausschnitte habe ich mich vom "Elephant" von Ray und Charles Eames inspirieren lassen. Die Aussparung ist einerseits eine formale Geschichte, weil ich mich eben mit älteren Entwürfen von Vitra auseinandergesetzt habe und mich das Plastische daran sehr interessiert hat.
Zugleich ist es so, dass ich durch den Ausschnitt die Sitzfläche nach hinten verlängere. Dadurch kann man wirklich bis ganz nach hinten rutschen und ist trotzdem gut gestützt. Wir haben ein Patent entwickelt, als wir das erste Mal eine Schale auf diese Art und Weise zusammengeleimt haben. Was auch noch neu ist: Wir haben am vorderen Ende 12 Millimeter und am hinteren Ende nur sieben - mit dieser Verjüngung zum Rücken hin sind wir auch an die Grenze gegangen. Das gibt dem Stuhl eine schöne Elastizität.

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Sie können es sich mittlerweile leisten, sich für die Dinge einzusetzen, die Ihnen wichtig sind. Was ist Ihnen wichtig?
Alfredo Häberli: Meine Lieblingsthemen sind eigentlich die, die sich um Kinder drehen. Das ist das, was mich berührt, weil die einfach so ehrlich sind. Kinder sind nicht mental orientiert, sondern vertrauen auf ihr Bauchgefühl. Wenn man etwas macht, dann sagen sie dir innerhalb von zwei Sekunden, ob es ihnen gefällt oder nicht. Vollkommen frisch und wertfrei zerstören sie deine gesamte Arbeit mit einem direkten Spruch. Da steckt kein Marketing dahinter.

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Welche Anfragen würden Sie als Designer ablehnen?
Alfredo Häberli: Wenn eine Firma mir sagen würde: Schau, das ist das Objekt, bitte mach mir dasselbe oder kopier es mir, würde ich ablehnen. Speziell, wenn man einen Bestseller gemacht hat, dann passiert das immer wieder, dass jemand sagt: Mach auch so etwas für mich! - So funktioniert das aber für mich nicht. Es ist ganz wichtig, wie der Kontakt zu meinem Kunden ist. Der Prozess steht und fällt eigentlich mit dieser Beziehung.

Zur Person: Alfredo Häberli

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Der Designer Alfredo Häberli wurde 1964 in Buenos Aires geboren. An der Höheren Schule für Gestaltung in Zürich studierte er Industriedesign und gründete dort auch sein Büro.
Häberlis Entwürfe sind stark von der Kindheit in Argentinien und dem neugierigen Blick auf die Dinge des Alltags geprägt. Im Laufe seiner Karriere hat der Kreative bereits mit internationalen Unternehmen, wie Alias, BD Barcelona, Iittala, Kvadrat, Moroso oder zuletzt Vitra zusammengearbeitet.

www.alfredo-haeberli.com

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