Wo kritische Wähler von morgen Politik lernen

Wo kritische Wähler von morgen Politik lernen
In der Demokratiewerkstatt des Parlaments üben junge Menschen zwischen 8 und 14 Jahren politische Beteiligung.

Menschen, die Hut tragen, haben niemals gute Ideen, da gebt Ihr mir sicher recht. Warum höre ich mir überhaupt noch Meinungen von Hutträgern an?“, fragt Monika. Die Trainerin der Demokratiewerkstatt zeigt auf ihre Kollegin Martina, die einen Schlapphut aufgesetzt und gerade einen Vorschlag gemacht hat.

Die anwesenden Kinder werden unruhig, ein Bub, 12, sagt schließlich: „Aber Michael Jackson hatte auch immer einen Hut auf und der ist weit gekommen.“ Einige nicken. Jetzt klärt Trainerin Monika auf: „Wir wollten Euch mit dem Hut-Beispiel natürlich provozieren, um zu zeigen, wie es ist, wenn anderen Menschen mit Vorurteilen begegnet wird.“ Eine Diskussion beginnt: Wie fühlt sich so eine Situation an? Wie geht es jemandem, der auf diese Weise diskriminiert und ausgeschlossen wird? Vor allem aber: Was kann jeder einzelne dagegen tun? Nun wird die Szene wiederholt, sofort schreiten die Kinder ein: „Das stimmt nicht, da sind wir anderer Meinung.“ Lektion gelernt.

Aktiv mitgestalten

Ein Vormittag in der Demokratiewerkstatt des Parlaments in Wien, wo Schülerinnen und Schüler einer zweiten Klasse der AHS/WMS Contiweg, Wien 22, am Workshop „Partizipation“ teilnehmen. Hier wird Kindern spielerisch beigebracht, wie man sich eine Meinung bildet, gemeinsame Entscheidungen getroffen und Demokratie aktiv mitgestaltet werden kann.

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Elisabeth Schindler-Müller

„Die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre war für das Parlament Anlass, politische Bildung neu zu denken und nicht nur an Schulen zu delegieren. Dabei arbeiten wir vor allem mit Kindern und Jugendlichen zwischen 8 und 14 Jahren“, sagt Elisabeth Schindler-Müller, Leiterin der Demokratiewerkstatt. Ziel sei es, parlamentarische Demokratie erlebbar zu machen und „die künftigen Wählerinnen und Wähler zu befähigen, den Sinn des Engagements Einzelner in der Gesellschaft zu begreifen.“

Einfluss der sozialen Medien

Im Rahmen einer nie da gewesenen Informationsflut scheint das nötiger denn je. „Durch die sozialen Medien hat sich sehr viel verändert. Es geht um das Bewusstsein, Informationen kritisch zu hinterfragen“, so Schindler-Müller. Außerdem sei Demokratie nicht selbstverständlich und ein lebendiges Gebilde, das nur so gut ist, wie viele Menschen sich daran beteiligen. „Die Förderung der Partizipationsbereitschaft ist ein wichtiges Ziel“, sagt Schindler-Müller.

Was tun bei Mobbing?

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In der Zwischenzeit haben sich Kleingruppen gebildet, jeder wurde mithilfe eines Würfelspiels Aufgaben zugeteilt. Am Ende des Workshops soll eine Zeitung entstehen, zu der alle Schülerinnen und Schüler beigetragen haben. Da geht es etwa um „Menschenrechte im Internet“ und darum, was jeder tun kann, damit das Netz ein respektvoller Raum bleibt. Oder um den Begriff „Vielfalt“, wo jeder erzählt, was ihn einzigartig macht. Die Kinder werden animiert, Recherchen anzustellen, etwa zur Fragestellung, was konkret Rassismus sei oder man unter Toleranz verstehe. Einige reden gerade über Vorurteile und wozu diese im schlimmsten Fall führen können. Soziales Miteinander und Toleranz werden in den Workshops ausführlich behandelt: „Es geht uns um Vielfalt, Vorurteile, Zivilcourage. Was bringt es mit sich, in einer vielfältigeren Gesellschaft zu leben? Was kann das bewirken? Wie gehe ich mit unbekannten Gruppen und Vorurteilen richtig um? Da spielt sich viel im digitalen Bereich ab. Cybermobbing ist ein großes Thema bei den Kindern und Jugendlichen.“

Schülerin Tanja erzählt, wie es war, als sie von einem Mitschüler in der Volksschule wegen ihrer Brille gehänselt wurde. „Ich hatte aber eine Freundin, die ist mir beigestanden, in dieser Zeit, jetzt ist alles gut“, sagt sie. Glück gehabt. Trainerin Daniela fragt die Kinder, was Betroffene sonst noch tun können. „Zu einer Psychologin gehen“, sagt Mark. Seine Klassenkollegin meint: „Ich würde es meinen Eltern erzählen“. Die Trainerin ist zufrieden: „Gut. Das Schlechteste ist es nämlich, nichts zu sagen.“

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