Wiener Turmfalken leben am Stadtrand gesünder

Turmfalken in der Stadt leiden häufiger unter Parasiten.
Das einseitige Nahrungsangebot und die Umweltbelastung machen den Innenstadt-Bewohnern zu schaffen.

Im Wiener Stadtgebiet beziehen jährlich zwischen 250 und 400 Turmfalken-Paaren ihr Quartier zum Brüten. Für die Gesundheit des gefiederten Nachwuchses ist es allerdings günstiger, sich einen Brutplatz am Stadtrand zu suchen, schreiben Forscher der Uni Wien und des Naturhistorischen Museums (NHM) im Fachblatt PlosOne. Vor allem das Nahrungsangebot und Umweltbelastung machen demnach den Unterschied.

Keine Nestbauer

Für Falco tinnunculus - so die wissenschaftliche Bezeichnung des Vogels - hält die Stadt jede Menge Möglichkeiten zum Nisten bereit. Da die Tiere selbst keine Nester bauen, machen sie sich Dachbodenluken, verlassene Nester, Nistkästen oder gar Blumenkisten zu eigen. Bezogen werden die innerstädtischen Quartiere der an den Lebensraum Stadt angepassten Überflieger immer im Frühjahr. In ihren Nestern sind sie allerdings oftmals mit unliebsamen Mitbewohnern konfrontiert.

Parasiten

So ist es etwa die Falkenlausfliege, die vor allem frisch geschlüpften Küken zusetzt. Am härtesten trifft der Befall die jüngsten und schwächsten Falken. Wie sehr die Gesundheit der Tiere mit ihrem Standort zusammenhängt, hat ein Forschungsteam um Petra Sumasgutner ( Uni Wien) und Anita Gamauf (NHM) im Rahmen des seit 2010 laufendenden "Turmfalkenprojekts Wien" analysiert.

Unausgewogene Ernährung

Bereits in früheren Untersuchungen in der Bundeshauptstadt hat sich herausgestellt, dass das Nahrungsangebot stark variiert: Sind die etwa taubengroßen Greifvögel in den äußeren Lagen vor allem hinter kleinen Säugetieren wie Wühlmäusen her, jagen die Innenstädter öfter Kleinvögel, Insekten und Reptilien. Die unterschiedlichen Diäten sind auch in ihrem Nährstoffgehalt unterschiedlich. So ist die Innenstadt-Variante deutlich ärmer an Carotinoiden. Das sind gelb-orange Pigmente, die antioxidant wirken und das Immunsystem der Vögel stimulieren.

Immunsystem

Anhand der Hautfärbung der Turmfalken lässt sich ihre Versorgung mit Carotinoiden ablesen. "Wir haben herausgefunden, dass Nestlinge in der Innenstadt blasser gefärbt sind als jene in ländlicheren Gebieten am Stadtrand", sagt Sumasgutner, deren Team außerdem die Körperkondition und die Infektionsintensität mit der Falkenlausfliege bewertete. Die Carotinoid-Depots werden offenbar nicht in der Haut abgelagert, sondern müssen im Immunsystem ihren Dienst verrichten, um sich gegen Parasiten und Infektionen zu wehren. Die Wissenschaftlerinnen werten all das auch als Hinweis darauf, dass den Falken das durch Umweltverschmutzung und Belastungen durch Licht, Lärm und Chemikalien geprägte allzu städtische Leben zusetzt.

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