WHO-Warnung zu Fleisch: Wenige werden Verhalten ändern

Weniger Leberkässsemmeln? Ein Psychologe rechnet langfristig mit einem verbesserten Gesundheitsverhalten, aber kurzfristig nur wenig Änderungen.
Psychologe: Langfristig wird sich Ernährungsbewusstsein aber verbessern.

Die Warnung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach der Konsum von verarbeitetem Fleisch in großen Mengen krebserregend ist, wird wohl nur wenige Menschen zu einer dauerhaften Änderung ihrer Ernährungsgewohnheiten motivieren. Trotz dieser Einschätzung ist der Psychologe Cornel Binder-Krieglstein aber durchaus optimistisch, dass sich das Gesundheitsverhalten weiter verbessern wird.

Zwei Gruppen

Die Menschen, die die entsprechenden Medienberichte verfolgt haben, ließen sich in zwei Gruppen einteilen: Jene, denen die WHO-Warnung beim einen Ohr hinein und beim anderen wieder hinaus geht, und jene, die sich damit auseinandersetzen und damit ihr eigenes Verhalten infrage stellen. "Dies fällt beim aktuellen Thema leichter als etwa beim Rauchen, weil wohl niemand von Fleisch und Wurst abhängig ist und sich dreimal am Tag ein Steak brät", meinte der Fachmann. Deshalb könne man leichter etwas am eigenen Verhalten ändern.

NIcht zu viel drohen

Wie viele Österreicher sich nun mit ihrer Ernährung beschäftigen sei nicht zu beziffern. Es komme immer auf das Thema, das Alter und die Situation des Einzelnen an, aber auch, wie die Medien dies kommunizieren, was in diesem Fall sehr gut funktioniert hätte. "Weltgesundheitsorganisation klingt schon gut, ebenso die Auswertung zahlreicher Studien", sagte Binder-Krieglstein. Und es dürfe nicht zu stark auf die Drohtaste gedrückt werden, weil sonst viele Leute einfach "abschalten". Ganz wichtig sei auch, innerhalb von vier Wochen, in denen die Motivation noch groß genug ist, sich ein neues Verhalten anzugewöhnen, das dann automatisiert wird.

Was kontraproduktiv ist

Extrem kontraproduktiv seien hingegen neue Studien, die innerhalb kurzer Zeit zeigen, "dass eh alles falsch war". Man denke hier an die positiven bzw. negativen Folgen von Schokolade oder des täglichen Achtels Rotwein. Ein solches Hin und Her würde die Menschen, die sich damit auseinandergesetzt haben, natürlich vergrämen.

Von den interessierten Österreichern, die es sich leisten können, würden nach Einschätzung des Psychologen etwa 20 Prozent etwas an ihrem Ernährungsverhalten ändern. "Aber man muss schauen, womit sie Fleisch und Wurst austauschen. Mit teurem Fisch, billigem Aufstrich oder Fast Food. Und wer grillt schon einen Apfel?" Hier könne man den Menschen durchaus Hilfestellung geben und dadurch das Gesundheitsverhalten verändern. "Schließlich hat man den Menschen auch das Zähneputzen beigebracht", meinte Binder-Krieglstein.

Statistik nicht aussagekräftig

Wenn es um die Wurst geht, ist Österreichs Statistik nicht sehr aussagekräftig. Eine Umfrage der AMA (Agrarmarkt Austria) zeigt, dass die Haushalte zuletzt (2014) 108.000 Tonnen Wurst und Schinken gekauft haben. Was in der Gastronomie und am Würstelstand auf die Teller kommt, bleibt aber ein Geheimnis. Beim Fleischverbrauch wird die Wurstverarbeitung nicht extra ausgewiesen. Pro Kopf macht das etwa 13 Kilo Wurst und Schinken, die pro Jahr in den Haushalten verzehrt werden. Immerhin wissen wir dank RollAMA-Erhebung unter 2.800 Haushalten, dass fast 25.000 Tonnen Brätwürste nach Hause geschleppt werden - und die Österreicher dafür im Vorjahr 180 Mio. Euro ausgegeben haben. 20.500 Tonnen Würstel ließen sich die Österreicher 148 Mio. Euro kosten.

Schinkenkonsum geht zurück

Noch ganz unabhängig von der aktuellen Studie zur Krebsgefährdung: Der Wurst- und Schinkenverbrauch geht zurück. 2011 wurden noch 112.750 Tonnen konsumiert. Der Fleischkonsum der Haushalte stagniert hingegen und liegt in der gleichen Größenordnung wie der Wurstverbrauch: bei 105.700 Tonnen. Unterschiedlich entwickelt sich der gesamte Fleischverbrauch im Inland, also Haushalte plus Gastronomie - inklusive jener Mengen, die zu Wurst verarbeitet werden. Die Österreicher verzehrten laut Statistik Austria 2014 146.500 Tonnen Rind- und Kalbsfleisch, 475.500 Tonnen Schweinefleisch, 10.100 Tonnen Schaf- und Ziegenfleisch, 10.900 Tonnen Innereien und 315 t Pferdefleisch. Dem standen 180.700 Tonnen Geflügel und 9.100 Tonnen „sonstiges“ Fleisch gegenüber. In Summe waren das 833.000 Tonnen, also 100 Kilo pro Kopf.

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Verkaufte Mengen 2011 bis 1. Halbjahr 2015 - Säulengrafik, Anteil bei Wurst und Schinken - Tortengrafik Grafik 1245-15, Format 88 x 82 mm

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