Wenn das Cholesterin vererbt wird

Wenn das Cholesterin vererbt wird
Einer von 250 bis 500 Österreichern hat von Geburt an chronisch erhöhte Blutfette. Nur eine frühe Diagnose verhindert Infarkte.

Der 48-Jährige war schlank, sportlich, rauchte nicht, hatte keinen Bluthochdruck und ernährte sich auch sehr ausgewogen – trotzdem wurde bei einer Vorsorgeuntersuchung ein viel zu hoher Wert des LDL-Cholesterins (240 mg/dl) entdeckt. Bei einer anschließenden Ultraschallkontrolle diagnostizierten die Internisten im Wiener Wilhelminenspital bereits Verengungen in der Halsschlagader. "Wr sehen immer wieder Erwachsene, die nur durch Zufallsbefunde erfahren, dass sie deutlich erhöhte Cholesterinwerte haben, die genetisch bedingt sind", sagt Priv.-Doz. Friedrich Mittermayer, Leiter der Lipid-Ambulanz im Wiener Wilhelminenspital.

"Familiäre Hypercholesterinämie" (FH) ist die Bezeichnung für diese vererbten, chronisch erhöhten Cholesterinwerte. Bisher wurden sie bei einer von 500 Personen vermutet. Nach neueren Daten könnte eine von 250 Personen betroffen sein. Eine neue Patientenorganisation (FHchol Austria) bietet Unterstützung an.

Die US-Akademie für Kinderheilkunde empfiehlt seit 2011 bei familiärem Risiko eine Cholesterinuntersuchung ab dem 2. Lebensjahr – und seit diesem April eine solche von allen Kindern ab dem 9. Lebensjahr.

Schulbeginn

Der frühere Leiter der Kinderfettstoffwechselambulanz des Wiener AKH, Univ.-Prof. Kurt Widhalm, unterstützt dies: "Der Schuleintritt ist ein günstiges Alter für ein generelles Screening." In der Öffentlichkeit fehle vielfach das Bewusstsein, dass es sich um eine erbliche Erkrankung handelt: "Viele Menschen glauben immer noch, erhöhtes LDL-Cholesterin kommt nur von zu viel essen."

Mit mehr Bewegung und einer Ernährungsumstellung alleine kommt man bei einer familiären Hypercholesterinämie nicht in den Zielbereich für das LDL-Cholesterin", betonen Mittermayer und Widhalm. Zur Behandlung werden in erster Linie cholesterinsenkende Medikamente eingesetzt.

Wenn in einer Familie ein Herzinfarkt oder Schlaganfall vor dem 60. Lebensjahr aufgetreten ist, besteht der Verdacht auf eine FH, den man abklären sollte: "Mit 60 ist man zu jung für einen Infarkt", sagt Mittermayer.

"Am wichtigsten ist die Familienanamnese", unterstreicht Widhalm: Also das gezielte Nachfragen, ob es Familienmitglieder gibt, die in relativ jungen Jahren bereits eine Herzgefäßerkrankung gehabt haben, z. B. einen Infarkt, und bereits mit einem Bypass oder Stent (Gefäßstütze, Anm.) versorgt wurden. "Dann wird eine genetische Untersuchung durchgeführt."

D er Experte betont: "Je früher man mit der Behandlung beginnt, desto eher kann man das Fortschreiten der Atherosklerose verhindern. "

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