Weltweit machen sich immer mehr fremde Arten breit

Der Waschbär ist kein Österreicher.
Wiener Studie zeigt, dass im Schnitt eineinhalb Bio-Invasoren pro Tag entdeckt werden. Trendumkehr ist nicht in Sicht.

Ob Pflanzen, Tiere, Pilze oder Mikroben - weltweit sind Lebewesen außerhalb ihrer ursprünglichen Verbreitungsgebiete zu finden, weil sie von Menschen verschleppt wurden. Ein Ende dieser Entwicklung sei nicht in Sicht, fanden Wiener Wissenschaftler heraus. Sie rechnen in Zukunft sogar mit einem noch stärkeren Vormarsch gebietsfremder Arten, berichtet das Fachmagazin "Nature communications".

Seit 1492

Die Forscher um Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien haben eine Datenbank mit 45.813 Erstfunden von 16.926 Arten in fremden Gebieten erstellt und die zeitliche Entwicklung der Invasionen seit 1492 untersucht. Dieser Zeitpunkt gilt durch die Entdeckung Amerikas durch Columbus als Start der Globalisierung und des weltumfassenden Handels.

Für alle Organismengruppen auf allen Kontinenten stieg die Anzahl gebietsfremder Arten seitdem stetig an. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) solcher Funde wurde in den vergangenen vier Jahrzehnten aufgezeichnet. Derzeit entdeckt man weltweit im Schnitt eineinhalb neue Bio-Invasoren pro Tag.

Bei vielen Arten sind die Verschleppungsraten damit heutzutage am höchsten. Lediglich bei Säugetieren und Fischen ist die Tendenz seit Mitte des 20. Jahrhunderts rückläufig. Sie wurden früher absichtlich von Liebhabern, Jägern und Fischern verbreitet, was durch ein Umdenken und entsprechende Regelungen nunmehr seltener geschieht. Die meisten anderen Artengruppen verteilen die Menschen jedoch unabsichtlich rund um den Erdball, zum Beispiel durch den globalen Handel, der weiterhin massiv zunimmt. "Wir müssen daher allgemeinen mit mehr Invasion in Zukunft rechnen", so Essl.

Menschlicher Einfluss

Wann gewisse Arten erstmals groß verschleppt wurden, hängt mit der menschlichen Geschichte zusammen. Bei Pflanzen passierte das bereits im 19. Jahrhundert, was vermutlich die Intensivierung im Gartenbau widerspiegle. Insekten, Muscheln und Algen machten sich erst nach 1950 in fremden Gebieten breit, was die Forscher auf den damals stark aufkommenden internationalen Handel zurückführen.

Die Invasion gebietsfremder Arten bliebe nicht ohne "massive Konsequenzen" für die einheimischen Lebewesen, so die Wissenschaftler. Diese werden verdrängt und ihre natürlichen Lebensräume verändert. Außerdem gingen regionale Unterschiede verloren. "Unsere Studie zeigt, dass es wichtig wäre, die problematischen Arten und häufigen Einfuhrpfade zu identifizieren", sagt Essl. Die Verbreitung gebietsfremder Arten könne man so zwar nicht aus der Welt schaffen, aber immerhin mit vertretbarem Aufwand auf ein verträgliches Maß reduzieren.

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