Was im Körper passiert, wenn wir trainieren

Fit bis ins hohe Alter
Sport und Immunsystem sind ein kongeniales Duo. Wie sie zusammenwirken.

"Sport ist gesund." "A geh? No na!", ist man an dieser Stelle versucht zu sagen und gelangweilt wegzuklicken. Tun Sie es nicht! Bitte! Barbara Prüller-Strasser von der Medizinischen Universität Innsbruck hat durchaus Interessantes aus der Wissenschaft zu berichten. Etwa: "Die Muskulatur schüttet bei Bewegung eine Vielzahl von Botenstoffen aus, sogenannte Myokine." Die seien gut für den Fettstoffwechsel, hemmen aber auch Entzündungen und stimulieren das Immunsystem. Forscher nennen die Muskulatur mittlerweile ein endokrines Organ.

Über den neuesten Stand der Forschung zu "Sport, Ernährung und Immunsystem" (so der Titel) diskutieren Experten heute am 3. Fachtag Sporternährung in der Technischen Universität Wien.

Langes Leben

Bereits Hippocrates sorgte sich im alten Griechenland um den männlichen Organismus (sic!), wenn selbiger nur faul herumliegt. Heute wissen Forscher und spüren Laien, dass Kraft und Ausdauer mit zunehmendem Alter abnehmen. "Wer trainiert, verlangsamt das Altern", sagt Prüller-Strasser. "Die Muskulatur ist ein ganz wichtiger Faktor für ein langes Leben." Die Forscherin und wissenschaftliche Leiterin des Fachtages rät zu Krafttraining mindestens ab dem frühen Alter. So lasse sich die Lebenserwartung steigern. Wer regelmäßig Ausdauer trainiert, kann sein biologische Alter um bis zu 30 Jahre senken. Ein durchtrainierter 70-Jähriger kann also locker die Körperfunktion eines 50-Jährigen haben.

Wie das geht? Der Knochenstoffwechsel verbessert sich, Typ-2-Diabetes und Insulinresistenzen haben weniger Chancen. Intensives, konsequentes Langzeittraining über viele Jahre senkt gar das Brust- und Darmkrebsrisiko um bis zu 30 Prozent.

Das Geheimnis liegt unter anderem im Immunsystem, das durch Bewegung unterstützt wird (man erinnere sich an den Text-Beginn). 70 Prozent der Immunzellen sitzen in der Darmschleimhaut, die mit zunehmenden Alter durchlässig werden kann. "Dann können Toxine und Keime aus dem Darm in den Körper eindringen. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab", erklärt die Medizinerin.

Intensiv ist besser

"Allerdings ist es zu wenig, nur Treppen zu steigen", sagt Prüller-Strasser. Es braucht gezielt und lebenslang Kraft- und Ausdauertraining. Je intensiver, desto besser, haben neuesten Forschungen ergeben. So ersetzt etwa 15 Minuten Laufen 90 Minuten Nordic Walking. Und: "Sobald man mit dem Training aufhört, ist die Wirkung rasch wieder weg", warnt Prüller-Strasser.

Wer jetzt noch nicht überzeugt ist und die Zeitung beiseite legt, um Liegestütze zu machen, ist es vielleicht nach Prüller-Strassers nächster Aussage: "Sogar Gene können positiv beeinflusst werden." Die Länge der Chromosomen, eigentlich ihrer Kappen – der Telomere, die ein Spiegel der Zellalterung sind – , kann durch Ausdauertraining deutlich länger stabil gehalten werden. Der genetische Altersunterschied zwischen Inaktiven und körperlich Aktiven kann zehn Jahre ausmachen.

"Die Pharmaindustrie arbeitet bereits an einer Aktivitätspille, in die all diese positiven Trainingseffekte reingepackt werden sollen", berichtet Prüller- Strasser, zerschlägt aber sofort jede Hoffnung auf Sport ohne Anstrengung: "Ich bin nicht sicher, ob das je funktionieren wird."

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