Warum Massage wirklich wirkt

4. Lassen Sie sich wieder einmal verwöhnen und lernen Sie wieder zu genießen.
Eine Studie zeigt: Beim Durchkneten werden in Muskeln Gene eingeschaltet, die Entzündungen drosseln.

Mark Tarnopolsky gehörte eindeutig zu den Skeptikern: Massagen, was sollen die bringen? Bis der kanadische Mediziner vor vier Jahren einen Wasserski-Unfall hatte und im Rahmen der Rehabilitation Massagen verschrieben bekam, die wider Erwarten seine Schmerzen linderten. Damit war der Forscherinstinkt Tarnopolskys geweckt: „Ich dachte mir, dass es eine physiologische Basis (physikalische und biochemische Vorgänge in den Zellen, Anmerk.) geben muss“, sagt er. „Und nachdem ich Zellforscher bin, beschloss ich, dort nachzuschauen.“ An seinem Institut an der McMasters University in Hamilton/Kanada initiierte der Wissenschaftler eine Studie, die erstmals klären sollte, was genau in einem Muskel passiert, der ordentlich durchgeknetet wird. Das verblüffende Ergebnis: Massagen schalten Gene in den Muskelzellen ein, die Entzündungen drosseln.

Die Schmerzlinderung beruht auf demselben Mechanismus, der auch bei der Einnahme von Schmerzmitteln wie Aspirin oder Ibuprofen wirksam ist, schreiben die Wissenschaftler im Wissenschaftsjournal Science Translational Medicine.

Elf Radler

Für seine Studie verpflichtete Mark Tarnopolsky elf Freiwillige, die auf Hometrainern so lange radeln mussten, bis die Muskeln brannten. Anschließend wurde zehn Minuten massiert – aber nur ein Bein. Vor dem Training und danach, sowie nach einer Ruhepause von 2,5 Stunden entnahmen die Forscher Gewebeproben aus den Oberschenkelmuskeln beider Beine. Eine Analyse mittels Gen-Chips zeigte, welche Veränderungen es gab. „Es scheint, als würden die Gene tatsächlich auf die Massage reagieren“, sagt Studien-Mitautor Justin Crane. Sie würden durch die Muskelbehandlung ein- oder ausgeschaltet.

Doktor Drück

Das Ergebnis lieferte erstmals eine Erklärung für die bekannte schmerzlindernde Wirkung: Die Massage drosselte die Produktion zweier entzündungsfördernden Botenstoffe mit den Namen Tumor-Nekrose-Faktor-alpha und Interleukin-6. Weiters stellte das Team um Tarnopolsky fest, dass Massagen die Produktion von Mitochondrien anregen, die als Kraftwerke der Zellen helfen, die Muskelfunktion zu verbessern. Insgesamt fördert das den Heilprozess von verletzten Muskelfasern, ist Tarnopolsky überzeugt.

Ein Effekt auf den Milchsäurespiegel, der nach starker Muskelarbeit deutlich ansteigt, war nicht nachweisbar. Bisher nahmen Forscher an, dass durch den Druck bei der Massage Milchsäure oder Lymphflüssigkeit abtransportiert würden, und dass dies den Heilungsprozess beschleunige.

Dank Tarnopolsky hat man nun einen ersten Hinweis, dass Massage bis in die DNA wirkt. Ob die Ergebnisse generalisierbar sind, muss sich erst zeigen. Zum einen war die Zahl der Studienteilnehmer gering. Zum anderen gleicht keine Massage der anderen, die Reproduzierbarkeit wissenschaftlicher Ergebnisse wird so erschwert. „Wir haben klassische Massagen angewendet“, sagt Crane. „Weitere Studien müssen aber definitiv folgen.“

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