Forscher entwickeln Schnelltest für Wähler-Manipulation

Forscher entwickeln Schnelltest für Wähler-Manipulation
Und haben damit bereits wahlentscheidende Unregelmäßigkeiten in Russland und Venezuela entdeckt.

Auch in vorgeblich demokratischen Ländern gibt es autoritäre Politiker, die Abstimmungen durch illegalen Druck auf Wähler für sich entscheiden. Der Wiener Komplexitätsforscher Peter Klimek stellt nun im Fachjournal „Science Advances“ mit Kollegen einen Schnelltest vor, durch den man solche Unregelmäßigkeiten erkennt. So können am selben Tag Beobachter in auffällige Wahllokale geschickt werden.

Fingerabdruck für Wahlsprengel

Die Forscher erstellen dazu mithilfe der öffentlich zugänglichen Wahldaten einen „Fingerabdruck“ von allen Wahllokalen. Dann vergleichen sie die Fingerabdrücke kleiner Wahlsprengel mit jenen von größeren benachbarten. Sind sie nicht deckungsgleich, hat es in dem kleineren Bezirk vermutlich Wähler-Manipulation gegeben, erklärte Klimek, der am Institut für Wissenschaft Komplexer Systeme der Medizinischen Universität Wien arbeitet, im Gespräch mit der APA. Zum Beispiel, indem den Wählern körperliche Gewalt oder der Verlust des Arbeitsplatzes angedroht wird, wenn sie nicht für eine bestimmte Partei stimmen.
Wahllokale mit kleinem Einzugsgebiet seien viel gefährdeter für solche Manipulationen, so die Forscher: Zum Beispiel, weil dort Parteimitarbeiter eher mögliche Opfer kennen, es weniger Augenzeugen gibt und kaum offizielle Beobachter anwesend sind. Indem man stets benachbarte Sprengel vergleicht, wird ausgeschlossen, dass unterschiedliches Wahlverhalten etwa von Stadt- und Landbewohnern oder Mobilisierung durch Verbände und Gewerkschaften das Testergebnis beeinflussen, sagte Klimek.

Nur ein paar Minuten

Die Berechnung dauert höchstens ein paar Minuten. Man könnte also zum Beispiel bei einer Wahl die bis Mittag eingetroffenen Ergebnis-Daten analysieren und bei starken Unregelmäßigkeiten am Nachmittag gezielt Wahlbeobachter in die betroffenen Lokale schicken, erklärte er. Bisher sei der Nachweis von Wahlbetrug und -manipulationen nur durch großen Aufwand möglich gewesen.
Mithilfe dieses Tests haben sich die Forscher 21 vergangene Wahlen in zehn Ländern näher angeschaut. In Österreich, Finnland, Kanada, Spanien und Frankreich waren die Ergebnisse unauffällig und somit wohl korrekt. Sie fanden aber starke Hinweise auf Wähler-Manipulation bei den Urnengängen von 2007 und 2011 in Russland und seit 2006 in Venezuela. In Russland haben 2011 tatsächlich Staatsbedienstete und Studenten von starkem Druck durch ihre Vorgesetzten beziehungsweise Universitätsprofessoren berichtet, wonach sie für die mit absoluter Mehrheit herrschende Partei „Vereintes Russland“ (Geeintes Russland) stimmen sollten. „Besonders verstörend ist aber der Fall in Venezuela, wo die kleinsten Wahllokale den Ausgang der Präsidentenwahl 2013 entschieden haben“, schreiben die Forscher in dem Fachartikel.
„Unsere Methode könnte das Ende versteckter autoritärer Praktiken in formal demokratischen Institutionen einläuten“, meint Komplexitätsforscher Klimek. Wahlbetrug sei damit mathematisch belegbar geworden.

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