Vorläufiges Aus für Brustspritze

Vorläufiges Aus für Brustspritze
Injektionen für mehr Oberweite: Diese Methode hat jetzt der Hersteller des Gels gestoppt. Krebs könnte übersehen werden.

Britische Medien berichteten groß über den Fall: Eine 45-jährige Krankenschwester ließ sich mittels Injektionen von Hyaluronsäure die Brust vergrößern. Laut Krebsspezialisten verdeckte diese Substanz einen Brusttumor – er wurde dadurch erst verspätet entdeckt. Die britische Aufsichtsbehörde MHRA warnt jetzt, dass Macrolane die Brustkrebsdiagnose mittels Mammografien erschweren könnte. Der schwedische Hersteller Q-Med/Galderma sieht diese Gefahr zwar nicht, hat aber Anwendungen von Macrolane für die Brustvergrößerung vorübergehend ausgesetzt – bis es einen Konsens über die radiologische Untersuchung nach einer Macrolane-Behandlung gebe. Das kommt einem Produktrückruf gleich.

15.000 Frauen weltweit wurden bisher mit Macrolane behandelt. Eine Zahl für Österreich nannte die Firma nicht. „Wird ein Fremdkörpermaterial zwei, drei Zentimeter unter die Haut gespritzt, kann man das dahinterliegende Gewebe in der Mammografie und auch im Ultraschall nicht beurteilen und so leicht einen Tumor übersehen“, sagt der Radiologe Univ.-Prof. Thomas Helbich von der MedUni Wien. „Ein Implantat hingegen liegt hinter dem Muskel- und Drüsengewebe, deshalb bleibt in der Mammografie das gesamte Brustgewebe sichtbar.“

„Mir hat es immer schon widerstrebt, eine Substanz in die Brust zu spritzen. Ein Implantat ist etwas Abgegrenztes, aber hier ist es unvorhersehbar, wie sich das Material verteilt“, sagt Prim. Maria Deutinger, Leiterin der Abteilung für Plastische Chirurgie in der Wiener Rudolfstiftung. Es könne auch zu Abkapselungen und Knotenbildungen kommen. Sicherer sei hingegen die Anwendung von Hyaluronsäure zur Faltenbehandlung.

Anwendungsart

„Das Material ist absolut sicher, ebenso die Methode. Für Patientinnen besteht keine Gefahr“, sagt hingegen der plastische Chirurg Jörg Knabl. Die Vorsorgemaßnahme des Herstellers habe eher damit zu tun, kein Risiko eingehen zu wollen. „Zumal sich Radiologen bisher nicht auf einheitliche Diagnostik-Guidelines einigen konnten.“ Vielfach werde die Substanz laut Knabl nicht richtig angewendet – was dazu führen könne, dass das Brustgewebe bei einer Mammografie nicht optimal durchleuchtet werden könne. „Es soll nicht irgendwo unter die Haut gespritzt werden, sondern exakt in die Schicht zwischen Brustmuskel und Brustdrüse. Wenn man das richtig macht, gibt es auch keine Probleme, bestätigten mir Radiologen.“ Schon bisher habe er nur etwa zwei von hundert Brustvergrößerungen damit durchgeführt. „Die Euphorie der Patientinnen war vor einigen Jahren größer.“ Bei der österreichischen Behörde AGES-PharmMed sind bisher keine Meldungen über Nebenwirkungen und Probleme eingegangen.

Info: Gel wird in 24 Monaten abgebaut

Hyaluronsäure Macrolane ist ein Gel aus synthetisch hergestellter Hyaluronsäure, die innerhalb von zwölf bis 24 Monaten abgebaut wird. Die Brustvergrößerung ist deshalb nicht dauerhaft und auch nur beschränkt. In geringeren Konzentrationen wird Hyaluronsäure auch zur Glättung von Falten verwendet – hier sehen Experten kaum Risiken. Hyaluronsäure ist eine körpereigene Substanz, die u. a. die Aufgabe hat, Wasser zu binden (und dadurch die Lippen fülliger macht) oder die Gelenke zu schmieren. Erst Anfang des Jahres sorgte der Skandal um minderwertige Brustimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothese (PIP) für Aufregung.

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