Zehn Jahre Kyrill: Die Lehren aus dem Orkan

Zehn Jahre Kyrill: Die Lehren aus dem Orkan
Maßnahmen.In den Wäldern stehen mehr Lärchen, Tiefdruckgebiete sind früher aufzuspüren.

Windspitzen mit über 200 Stundenkilometern, Dauerregen – vor zehn Jahren tobte der Orkan Kyrill über Europa. Er legte den Verkehr lahm, verursachte enorme Sachschäden – 47 Menschen starben.

Die Folgen für die Waldbestände sind heute noch sichtbar. Dort, wo der Wind reihenweise Bäume entwurzelte, wachsen heute junge nach. Norbert Putzgruber behält sie gut im Auge. Er leitet bei den Österreichischen Bundesforsten die Abteilung Wald, Naturraum, Nachhaltigkeit und kann sich noch gut an die stürmischen Tage erinnern. In einer Nacht riss der Orkan die gesamte Menge Holz, die normalerweise über das Jahr geerntet wird, um. "Es war wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren." Das gelte auch künftig, denn "solche Naturereignisse finden immer wieder statt".

Für die Zukunft will man vorbereitet sein: ein Fernerkundungssystem mit Satelliten liefert rasch Informationen über das Ausmaß des Schadens. "Wir wissen schneller, wo Schäden aufgetreten sind, das hilft auch bei deren Beseitigung." Apropos. Auch hier entwickelte man neue Strategien. Denn über den Windwurf freute sich einer besonders: der Borkenkäfer. "Es ist nicht so wichtig, die großen am Boden liegenden Flächen Holz möglichst schnell wegzubringen, sondern die Einzelwürfe. Denn geht der Käfer in den Baum, fliegt er später hinaus, befällt die noch stehenden Bäume daneben – und bringt sie auch um", sagt Putzgruber.

Vom Tief zum Orkan

Begonnen hat Kyrill unspektakulär. Über dem Atlantik mischte sich polare Kaltluft vom Norden mit warmer aus dem Süden – das Tiefdruckgebiet zog gen Europa. "Je stärker der Temperaturunterschied ist, desto mehr bildet sich so ein Gebiet aus", erklärt Christian Csekits, Meteorologe von der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik). Schnell erreichte es Windspitzen bis zu 130 km/h – "ab diesem Zeitpunkt spricht man von einem Orkan." Heute sind solche Tiefdruckgebiete schneller vorhersehbar, berichtet Csekits. "Die Auflösung der Wettermodelle hat sich verbessert."

Das Ausmaß eines Sturmes hänge aber auch von der Jahreszeit ab. Laut Csekits war es gut, dass Kyrill im Winter auftrat. "Da sind die Laubbäume nicht belaubt, haben weniger Angriffsfläche, und es sind weniger Menschen auf der Straße." Die Kraftwirkung eines Sturms ist ebenfalls geringer, wenn er sich klassisch aufbaut, also von Stunde zu Stunde stärker wird. Gefährlicher ist es, wenn der Wind von null auf hundert geht.

Etwas Positives kann Waldbauleiter Norbert Putzgruber dem Orkan aber doch abgewinnen. Als sie die Wälder neu aufforsteten, konnten sie die Zusammensetzung der Baumarten verändern. Freiflächen und viel Licht – die besten Voraussetzungen für Lärchen. Sie wurzeln tief, sind sturmresistent, haben im Winter keine Nadeln und trotzen damit fast jedem Wind.

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