Verhütung auf Krankenschein gefordert

Experten und Jugendorganisationen wollen damit Schwangerschaftsabrüche bei Jugendlichen eindämmen.

Verhütung und damit der Schutz vor ungewollten Schwangerschaften ist heutzutage für Frauen (und ihre Partner) fast schon selbstverständlich geworden. Anlässlich des Welt-Verhütungstages am 26. September schloss sich nun erstmals ein breites Jugendbündnis aus Jungen Grünen, Sozialistischer Jugend (SJ) sowie der Bundesjugendvertretung (BJV) zusammen, um sich für kostenlose Verhütungsmittel einzusetzen. Damit könne die überdurchschnittlich hohe Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Österreich reduziert sowie Jugendschwangerschaften (jede Zehnte unter 19 Jahren laut Gesellschaft für Famlienplanung) verhindern werden.

Dies wäre durch bessere Aufklärung und kostenloser Abgabe von wirksamen Verhütungsmitteln verhinderbar, besonders bei Jugendlichen. Diana Witzani, Bundessprecherin der Jungen Grünen: "Die überdurchschnittlich hohe Zahl an Abbrüchen zeigt klar, dass noch viel bessere Aufklärungsarbeit geleistet werden muss und gerade junge Menschen einen leichten Zugang zu passender Verhütung erhalten müssen." Maria Hanke, SJ-Vorsitzende ergänzt: "Jugendliche leben Sexualität und haben ein Recht auf Sicherheit."

Davon ist auch Christian Fiala, Gynäkologe und Leiter des Gynmed-Ambulatoriums für Schwangerschaftsabbrüche in Wien überzeugt. "Verhütung darf keine Frage des Einkommens sein." In Österreich gibt es zwar keine genauen Zahlen über die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche. Auf jeden Fall sei die Zahl aber "unnötig hoch". Aufgrund seiner Erfahrungen schätzt Fiala, dass in Wien auf 1000 Frauen jährlich 20 Abtreibungen kommen. Damit sei Österreich europaweit Spitzenreiter.

Im Vergleich mit den westeuropäischen Ländern hinke Österreich überhaupt hinterher. "Österreich ist gemeinsam mit einigen osteuropäischen Staaten eines der letzten Länder, in denen jede Frau bzw. jedes Paar selbst für die Verhütung aufkommen muss." In Ländern wie Belgien, Dänemark, Großbritannien, Frankreich oder Holland sind Verhütungsmittel für alle kostenlos oder zumindest vergünstigt erhältlich. Andere Länder, etwa Deutschland, Finnland, Schweden oder Ungarn, setzen für Frauen in bestimmten Lebenssituationen (Jugendliche oder sozial Bedürftige) auf Gratis-Verhütung. Der Gynäkologe verweist auch auf Studien, die zeigen, dass sich Frauen bei Übernahme der Kosten von Verhütung für die wirksameren (aber teureren) Langzeitmethoden entscheiden.

Im Gesundheitsministerium steht man einer kostenlosen Abgabe von Verhütungsmitteln nicht völlig ablehnend gegenüber. "Wir wollen aber zuerst die Modelle aus anderen Ländern evaluieren und auf deren Erfahrung und der erzielten Effekte weiterüberlegen."

Kritik: "Vierter Schritt vor dem ersten"

Bei der "aktion leben" glaubt man nicht, dass Geld allein der wesentliche Faktor für wirkungsvolle Verhütung ist. Generalsekretärin Martina Kronthaler: "Wie wären sonst die häufigen Anwendungsfehler erklärbar." Vor allem Jugendliche überschätzen ihr Wissen über Verhütungsmittel. Diese blind zu verteilen, sei zu wenig. "Im Rahmen von Verhütungsberatungen ist es für manche Frauchen sicher sinnvoll, als allgemeine Maßnahme würde damit der vierte Schritt vor dem ersten gemacht." Denn junge Menschen bräuchten vor allem Information, etwa durch sexualpädagogische Workshops, um verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität und Verhütung zu lernen. "Dort können sie sich direkt mit dem Thema auseinandersetzen und Fragen stellen. Wissen in Kombination mit einer Stärkung der Persönlichkeit hilft am wirkvollsten, ungeplante Schwangerschaften zu verhindern."

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