USA: Todesfälle durch homöopathische Präparate?

Zu hoch dosierte Globuli könnten Todesfälle verursacht haben.
Die US-Arzneimittelbehörde warnt vor bestimmten homöopathischen Präparaten auf Basis der Schwarzen Tollkirsche, die bei Kleinkindern gegen Schmerzen beim Zahnen eingesetzt werden. In Österreich sind Arzneien dieses Herstellers nicht auf dem Markt.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA warnt vor bestimmten homöopathischen Arzneimitteln, berichtet Spiegel online. Zehn Kinder könnten durch die Einnahme von Globuli gestorben sein. Insgesamt gebe es 400 Berichte von Nebenwirkungen.Die US-Behörde überprüft jetzt, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen der Einnahme der homöopathischen Präparate und den Todesfällen belegbar ist.

Es geht um Präparate, die Kleinkindern gegen Schmerzen beim Zahnen gegeben werden. Diese Globuli wurden auf Basis der Schwarzen Tollkirsche (Atropa belladonna) hergestellt. Die FDA fand in den Globuli Konzentrationen der Wirkstoffe der Giftpflanze (u.a. Atropin), die den angegebenen Grad der Verdünnung in einigen Fällen stark überschritten haben. Eigentlich dürfte diese Wirkstoffe nicht nachweisbar sein - sie waren es aber in einzelnen Fällen doch.

Die Produkte waren demnach nicht stark genug verdünnt ("potenziert") bzw kam es offenbar zu starken Schwankungen ("inconsistent levels") beim Gehalt von Belladonna-Wirkstoffen.

"Die Reaktion von Kindern unter zwei Jahren auf die Inhaltsstoffe der Schwarzen Tollkirsche sind unvorhersehbar und setzen sie einem unnötigen Risiko aus", sagt Janet Woodcock von der FDA in einer Stellungnahme der Behörde. Bereits im September warnte die FDA vor diesen Präparaten.

Kinder sollten diese Tabletten nicht erhalten, Eltern und Erziehungsberechtigte sollten sich bei Ärzten nach sicheren Alternativen erkundigen.

Als Nebenwirkungen traten unter anderem Herzrasen, Krämpfe, Zittern, Fieber, Kurzatmigkeit und Lethargie auf - möglicherweise alles eine Folge der zu hohen Atropinkonzentration.

USA: Todesfälle durch homöopathische Präparate?
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Atropopin hemmt das hemmenden Nervensystem (Parasympathikus). Dadurch fehlt dem aktivierenden Sympathikus die Bremse - die Folge sind unter anderem Herzrasen, im schlimmsten Fall Atemstillstand und Tod.

Entwarnung für Österreich

Entwarnung gibt es für Österreich. "Erstens sind die betroffenen US-Präparate in Österreich nicht auf dem Markt, zweitens gibt es bei uns ganz andere Kontrollmechanismen", heißt es beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG). In Österreich sind keine Nebenwirkungen in Zusammenhang mit Homöopathika auf Basis von Atropin gemeldet.

In Österreich sind für die Indikation "Zahnungsbeschwerden bei Kindern" Präparate von drei Firmen aus Österreich und Deutschland als Arzneimittel zugelassen. Es sind Kombinationspräparate ("Komplexmittel") mit dem Wirkstoff der Tollkirsche und anderen Wirkstoffen. "Die Herstellungsqualität eines Homöopathikums ist in Österreich genauso groß wie von jedem anderen zugelassenen Arzneimittel", betont der Mediziner und Arzneimittelexperte Christoph Baumgärtel vom BASG. "Es gibt Kontrollen des Herstellungsprozesses und der Qualität insgesamt." Überprüft werde auch, ob die angegebenen Verdünnungen eingehalten werden.

In den USA ist das anders: "Die homöopathischen Zahn-Produkte wurden von der FDA nicht überprüft oder zugelassen", heißt es in einer Aussendung der Arzneimittelbehörde.

Homöopathische Produkte gegen Zahnungsschmerzen sind für Kinder ab vier Monaten zugelassen.

Insgesamt sind in Österreich 40 homöopathische Präparate mit einem Tollkirschenextrakt auf dem Markt. "Aufgrund der Verdünnung ist von keiner pharmakologischen Wirkung auszugehen", betont Baumgärtel.

Was die Homöopathie-Gesellschaft sagt

„Es gibt in Österreich im homöopathischen Arzneimittelbuch gesetzliche Vorgaben für die Produktion der einzelnen Präparate“, sagt der Allgemeinmediziner Erfried Pichler, Präsident der Österr. Gesellschaft für Homöopathische Medizin. „Und sie dürfen nur über Apotheken abgegeben werden.“ Arzneimittel mit pflanzlichen und tierischen Giften wie Belladonna dürften in den Potenzen D1 (1 Teil Wirksubstanz, 9 Teile Lösungsmittel) bis D8 (1 Teil Wirksubstanz, 99.999.999 Teile Lösungsmittel) nur auf Rezept eines Arztes abgegeben werden, betont Pichler. „Aber eine tödliche Wirkung ist ausgeschlossen, auch bei D1.“

Allerdings: „Nebenwirkungen würde ich bei D1 bei Kindern nicht ausschließen. Aber das gibt man Kindern nicht.“ Allerdings gebe es alte registrierte Komplexmittel für Kinder mit niedrigen Potenzen wie Belladonna D2, die noch rezeptfrei erhältlich sind. Pichler: „Das befürworte ich nicht. Ich gebe nur hohe Potenzen wie D 30 – da ist man auf der sicheren Seite.“

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"Pseudowissenschaft" in Russland

Erst vor kurzem hat die Russische Akademie der Wissenschaften Homöopathie offiziell als Pseudowissenschaft eingestuft. Für die Wirksamkeit der alternativen Heilmethode gebe es keine wissenschaftlich haltbaren Belege, schrieb eine Kommission der Akademie.

Die Experten empfahlen dem Gesundheitsministerium, homöopathische Medikamente an staatlichen Kliniken nicht mehr zu verwenden. Ministerin Weronika Skworzowa kündigte in Moskau an, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, wie die Agentur Interfax meldete.

Die vor mehr als 200 Jahren vom deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843) begründete Heillehre hat auch in Russland viele Anhänger. Zar Nikolaus I. und Sowjetmarschall Georgi Schukow hätten zu solchen Arzneimitteln gegriffen, sagte der Arzt Michael Schkolenko vom Homöopathen-Verband der früheren Sowjetrepubliken der Zeitung „Kommersant“. „Wenn die Homöopathie nicht geholfen hätte, hätten die Mitglieder des Zentralkomitees sich nicht damit behandeln lassen.“

Zu sowjetischen Zeiten war die Homöopathie, die mit Arzneistoffen in winziger Dosierung arbeitet, nicht verboten, wurde aber auch nicht gefördert. In das russische Gesundheitswesen wurde sie in den 1990er-Jahren integriert.

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