USA forschen mit Kreuzungen aus Mensch und Tier

Was bringt die Zukunft?
In den USA wird derzeit diskutiert, ob die Forschung mit im Labor gezüchteten Mischwesen staatlich gefördert werden soll.

Es klingt wie in einem Science-Fiction-Film – und ist wohl schon längst Realität. US-Forscher arbeiten daran, menschliche Stammzellen in Embryonen bestimmter Tierarten einzubringen. Dabei machen sie nicht einmal Halt davor, das Tiergehirn mit menschlichen Zellen zu verändern.

Nun schlägt die US-Forschungsbehörde NIH sogar vor, die Züchtung solcher Chimären – Kreuzungen aus Mensch und Tier – mit staatlichen Geldern zu fördern. Vor einem Jahr noch hatte sie ein Moratorium (ein vorläufiges Verbot) über solche Projekte verhängt. Das dürfte sich jetzt geändert haben. Die NIH-Direktorin für Wissenschaftspolitik Carrie Wolinetz ist „zuversichtlich, dass die vorgeschlagenen Änderungen es der Forschergemeinde des NIH ermöglichen, dieses vielversprechende Forschungsgebiet verantwortungsvoll nach vorne zu bringen.“

Viele offene Fragen und Kritik

Grobe Zweifel daran hat etwa der renommierte Genforscher und Vorsitzende der Österreichischen Bioethikkommission Univ.-Prof. Markus Hengstschläger: „Wenn man solche Experimente plant, muss man vertreten können, dass man sie durchführt – aber auch, dass man sie nicht durchführt und vielleicht nicht einen Ansatz entdeckt, der vielen Menschen helfen könnte.“ Doch derzeit könne man noch gar nicht sagen, was dabei herauskommt, wenn menschliche Stammzellen in einen tierischen Embryo injiziert werden. „Zu wie viel Prozent ist es dann ein menschliches Wesen?“ Auch die Frage der Fortpflanzung müsste geklärt werden, weil nicht abschätzbar ist, was dann dabei herauskommt. Geschweige denn, wenn so ein Mischwesen sich außerhalb des Labors fortpflanzen würde.

Erhoffter Durchbruch?

Abgesehen davon bezweifelt Hengstschläger, dass Tests an diesen Chimären einen erhofften Durchbruch bei der Erforschung von Alzheimer, Parkinson oder etwa Unfruchtbarkeit bringen könnten. „Ein Tier ist ein in sich geschlossener Organismus. Man kann nicht wissen, ob ein Mischwesen dieselben Rückschlüsse zulassen würde.“ So habe sich schon bei vielen genetischen Erkrankungen gezeigt, dass Tiere nicht dieselben Krankheiten erleiden wie Menschen, wenn ein bestimmtes Gen verändert wird. „Die 1:1-Übertragung des Krankheitsbildes von Tier auf Mensch geht nicht – und man kann noch weniger sagen, ob das bei Mischwesen funktioniert.“

Bisher ist man in der Forschung nur so weit gegangen, dass der Maus etwa menschliche Tumorzellen eingesetzt wurden, um Veränderungen zu beobachten. „Aber man hat keine komplett neuen Wesen hergestellt.“

Schweine mit menschlichen Gehirnen

Der Vorstoß der NIH stößt auch in der US-amerikanischen Forschungswelt auf Widerstand. So warnt der Biologe Stuart Newman vom New York Medical College davor, dass es in den USA keine Gesetze gibt, die solchen Experimenten Einhalt gebieten. „Stellen wir uns vor, wir hätten Schweine mit menschlichen Gehirnen, die sich dann fragen, warum wir an ihnen experimentieren.“

Hengstschläger ist sich ziemlich sicher, dass längst an diversen Kreuzungen geforscht wird. Das Verhältnis zwischen dem Nutzen solcher Experimente und den ethisch offenen Fragen sei derzeit absolut disproportional. „Das Ergebnis ist schwer vorhersehbar und wirft viele nicht absehbare Fragen auf. Daher ist das aus meiner Sicht derzeit nicht vertretbar.“

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