TCM: Chinesen verlieren Vertrauen

Zum Einsatz kommen die fünf Säulen der TCM: Bewegungstherapien, Tuina – eine Art Akupressur und Massage –, Ernährungsberatung, Akupunktur und Kräutermedizin.
Die junge Generation wendet sich immer mehr von TCM ab, während sie hierzulande boomt

In Europa nimmt die Nachfrage nach traditioneller chinesischer Medizin (TCM) zu. Besonders in der kalten Jahreszeit boomen Ingwer, "warme" Lebensmittel und andere Elemente der fernöstlichen Lehre. In China steigt hingegen der Wunsch nach Schulmedizin. Junge Chinesen setzen auf modern statt traditionell, sagt der Allgemeinmediziner und TCM-Arzt Christofer Patrick Reichel. Er absolvierte während seiner Ausbildung mehrere Praktika in chinesischen Spitälern, unter anderem in Peking, Schanghai und Taiwan. Heute arbeitet er in einer Praxis in St. Pölten.

KURIER: Welche Rolle spielt die traditionelle chinesische Medizin in der heutigen chinesischen Schulmedizin?

TCM: Chinesen verlieren Vertrauen
Christopher Patrick Reichel, TCM-Arzt
Christofer Patrick Reichel:Es ist ein Umschwenken zu erkennen, vor allem was die Generationen betrifft. Bei der älteren Generation ist TCM sehr stark verankert, sie legt viel Augenmerk auf traditionelle Methoden. Junge Chinesen verlieren aber zunehmend das Vertrauen in das Traditionelle. Für sie kommt alles, was modern ist, aus dem Westen. Das Nebeneinander von Schul- und traditioneller Medizin ist im heutigen China viel stärker geworden, insbesondere in reicheren Regionen des Landes. Am Land ist das noch anders, weil die Gesundheitsversorgung eine andere ist – niedergelassene Ärzte gibt es kaum, sondern eher kleine Spitäler. Patienten mit einer Erkältung gehen genauso ins Krankenhaus wie bei einer ernsten Erkrankung.

Inwiefern kommt TCM im Krankenhaus zum Einsatz?
In einigen chinesischen Spitälern gibt es eigene TCM-Abteilungen, aber auch reine TCM-Spitäler kommen vor. Ein wesentlicher Unterschied zu Europa ist die integrative Medizin. Während man bei uns bei einem medizinischen Problem erst spät zu einem TCM-Arzt geht, suchen Chinesen schon früher Rat bei den traditionellen Heilmethoden. Bei uns ist TCM noch nicht so etabliert, da sie privat zu zahlen ist – ein Patient würde sich nicht unbedingt wegen einer Verkühlung oder kleinerer Beschwerden einen Privatarzt leisten, der Komplementärmethoden anbietet.

Wie kann man sich die TCM-Abteilungen vorstellen?
Die TCM-Ärzte sind in diesen Spitälern viel stärker in die schulmedizinische Behandlung miteinbezogen. Beispielsweise ist es so, dass Akupunktur-Ärzte bei Visiten auf der Intensivstation dabei sind. Sie überlegen mit, wie man bei einem Patienten unterstützend arbeiten kann. Für die meisten, insbesondere älteren Chinesen stellt sich die Frage gar nicht, ob sie traditionelle Methoden nutzen möchten – sie sind ein Teil der Medizin, die sie von früh an kennen. TCM wird vom Gesundheitssystem abgedeckt, das heißt, sie ist auch kein Kostenfaktor wie in Österreich.

TCM: Chinesen verlieren Vertrauen
In welchen Bereichen ist die traditionelle Medizin in China stärker als die Schulmedizin?
Bei Patienten, die älter als 40, 50 Jahre sind, kommt es vor, dass sie zunächst nach traditionellen Heilverfahren verlangen und erst dann nach schulmedizinischen. Bei jungen Patienten ist eine andere Tendenz zu beobachten – sie wenden sich von Traditionellem ab und haben beispielsweise einen hohen Gebrauch von Antibiotika und Medikamenten im Allgemeinen. Es ist aber auch möglich, schulmedizinische Methoden in China abzulehnen und sich etwa „nur“ akupunktieren zu lassen. Bei manchen Erkrankungen macht das durchaus Sinn, aber meist ist es gut, eine Kombination der beiden Richtungen anzuwenden. In China wäre es theoretisch möglich, auch bei schweren Erkrankungen nur auf TCM zu setzen, allerdings wird davon vom medizinischen Personal abgeraten. Man muss wissen, wo die Stärken der beiden Bereiche liegen.

Was sind Beispiele für Erkrankungen, bei denen sich die Kombination von TCM und Schulmedizin bewährt hat?
Etwa chronische Erkrankungen, Befindlichkeitsstörungen, Allergien, Migräne und Störungen des Bewegungsapparats, manche Methoden der TCM können auch bei Chemotherapie unterstützen. Zum Einsatz kommen die fünf Säulen der TCM: Bewegungstherapien, Tuina – eine Art Akupressur und Massage –, Ernährungsberatung, Akupunktur und Kräutermedizin. Zu mir kommen sehr viele Patienten, die schon einige Therapieversuche hinter sich haben und die noch mehr versuchen möchten, als sich lebenslang auf Schmerzmittel einzustellen.

Welche Unterschiede gibt es in der Ausbildung der Ärzte zwischen China und Österreich?
Sowohl in China als auch in Österreich sind TCM und Schulmedizin zwei verschiedene Professionen und jeder Arzt wird schulmedizinisch ausgebildet. Nicht jeder Schulmediziner hat aber eine TCM-Ausbildung, auch nicht in China. In Österreich kann man z. B. mit 200 Stunden Ausbildung das Diplom für Akupunktur erlangen, manche Ausbildungen dauern fünf Semester berufsbegleitend (1 Wochenende im Monat), in China dauert die Ausbildung mit fünf Jahren Vollzeit deutlich länger. Die Systematik ist die gleiche, aber richtig vergleichen kann man nicht. In China werden ausländische Ärzte nur als Schulmediziner zugelassen, nicht als TCM-Arzt. Da aber ein Wandel zu beobachten ist, weg von TCM hin zur Schulmedizin, ist es denkbar, dass chinesische Mediziner traditionelle Heilmethoden in 20 Jahren bei uns lernen.

Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin ist der Herbst eine Übergangszeit. Der Körper muss sich auf kühlere Temperaturen umstellen und tut sich manchmal schwer mit dem Wechsel warm/kalt. Der Herbst entspricht in der TCM dem Element Metall, dem das Körperorgan "Lunge" zugeordnet wird. Diese gilt dort als zartes Organ, anfällig für Trockenheit. Starke Trockenheit macht krank, typisch dafür sind Erkältungskrankheiten mit Husten, Heiserkeit, viel Schleim etc. Die TCM- und Tuina-Expertin Petra Faustka (www.triovitalis.at) gibt Tipps, wie man gut durch diese Jahreszeit kommt.

(Alle Tipps sind nur zur Unterstützung gedacht und ersetzen in keinem Fall die ärztliche Behandlung. Bei fieberhaften Erkrankungen und länger andauernden Beschwerden, ist in jedem Fall die Ärztin/ der Arzt aufzusuchen.)

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