Die Tomate des Kolumbus

Tomate
Heute ist der Tag der Tomate. Die Österreicher lieben sie, 2017 wird sie ins All geschossen.

Das "Ei des Kolumbus" bezeichnet im Volksmund einfache Lösungen für große Probleme. Die Redensart könnte jedoch genauso gut "Tomate des Kolumbus" lauten. Denn die Tomate soll Teil der Lösung für ein bekanntes Problem der Menschheit sein: die Nahrungsaufnahme im Weltall. Darüber hinaus soll einer ihrer Inhaltsstoffe auch gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen helfen. Das ist allerdings sehr umstritten. Die Tomate, im Osten Österreichs auch Paradeiser genannt, ist das beliebteste heimische Gemüse. Jeder Österreicher isst täglich im Schnitt eine Tomate von mittlerer Größe, in der Landwirtschaft erntete man im Vorjahr rund 57.000 Tonnen Tomaten. Für Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften an der Uni Wien, ist der Grund dafür schnell gefunden: Neben dem Geschmack ist die Tomate "relativ gut haltbar, kann regional produziert werden, ist saisonal über einen langen Zeitraum verfügbar und kann in allen möglichen Varianten zubereitet werden."

Tomatenpille

Auch Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln sind mittlerweile auf die Qualitäten der Tomate aufmerksam geworden. Der britische Hersteller Cambridge Nutraceuticals (CamNutra) verkauft das Produkt Ateronon, das auch unter dem Namen "Tomatenpille" in die Schlagzeilen geraten ist. Sie beinhaltet Lycopin, ein Antioxidans, das in dem beliebten Nachtschattengewächs vorhanden ist. Laut CamNutra soll die "Tomatenpille" die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems fördern. Das ist jedoch fragwürdig. Jürgen König hält wenig davon: "Ich kenne keine Studie, die explizit beweist, dass Lycopin selber, als Reinsubstanz oder als angereicherte Substanz, einen besonders positiven Effekt gegenüber Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat."

Die Tomate des Kolumbus
Feinkoch, Theobaldgasse, 6., Simon Jacko tomaten
Dennoch interessierte sich auch die EU für den Inhaltsstoff der Tomate. So sehr, dass sie 5,2 Millionen Euro in das Projekt Lycocard investierte. Dabei wollte man eine etwaige Schutzfunktion von Lycopin vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforschen. Im Bericht zur Schlusskonferenz des Vorhabens mussten die Wissenschaftler jedoch festhalten, dass sie keine positiven Auswirkungen von Lycopin auf das Herz-Kreislauf-System finden konnten. Das hätte daran gelegen, dass Herzerkrankungen über Jahrzehnte entstehen. Die Forscher hatten jedoch nur fünf Jahre Zeit.

Tomate im All

Die Tomate könnte die Forschung auch bei der Frage nach Ernährung im Weltall einen Schritt weiterbringen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) möchte zwischen Juli und September 2017 einen Satelliten mit zwei Gewächshäusern ins All schießen. Mit an Bord: Tomaten und Urin. Die Wissenschaftler wollen die menschlichen Ausscheidungen als Dünger verwenden – und damit Tomaten zum Wachsen bringen. Für eine potenzielle Marsmission könnten die Daten von großem Nutzen sein, denn der Satellit soll ähnliche Gravitationsbedingungen wie auf dem Mars erzeugen. Das gelingt, indem sich der Satellit stark um die eigene Achse dreht.

Dadurch möchten die Forscher herausfinden, ob es möglich ist, Tomaten auf dem Mars zu züchten. Doch warum haben sie dafür ausgerechnet die Tomate ausgewählt? "Tomaten eignen sich sehr gut, weil sie relativ schnell wachsen und optisch gut darstellbar sind", sagt Hartmut Müller vom Institut für Raumfahrtsysteme am DLR. Somit sei ein möglicher Erfolg des Experiments gut mit der Kamera zu erfassen. Das ist wichtig, weil die Wissenschaftler den Fortschritt der Mission im Weltraum nur auf zwei Arten überprüfen können: Durch die Entnahme von Proben und eben optisch, mithilfe von Kameras. Für Hartmut Müller ist in jedem Fall klar, dass Tomaten in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden, wenn es darum geht, Nahrung für Astronauten herzustellen. Zu verdanken haben die Forscher diesen Lösungsansatz einem bekannten Mann der Weltgeschichte, denn er brachte die Tomate vor mehr als 500 Jahren nach Europa. Der Name des Mannes? Christoph Kolumbus.

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Die Tomate des Kolumbus
Jeder Österreicher isst 28 Kilo Tomaten pro Jahr

Der Ursprung der Tomate liegt in Südamerika, im 16. Jahrhundert erlangte das Fruchtgemüse erstmals in Europa Bekanntheit. Für die Österreicher gewann die Tomate laut Jürgen König vom Department für Ernährungswissenschaften an der Uni Wien erst in der Nachkriegszeit an Bedeutung. Für die rote Farbe ist das Antioxidans Lycopin verantwortlich, seine gesundheitliche Rolle ist umstritten. Dennoch ist die Tomate das beliebteste heimische Gemüse, in Österreich isst man jährlich durchschnittlich 28 Kilo des Nachtschattengewächs. Dabei macht es einen Unterschied, in welchem Teil des Landes man sich befindet. Denn während man in Ostösterreich von „Paradeisern“ spricht, sagt man in Westösterreich Tomate.

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